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Hydraulischer Abgleich

Alles zum hydraulischen Abgleich, Fehleranalyse, Funktion, Durchführung, Vorteile

Der hydraulische Abgleich ist ein Verfahren, mit dem innerhalb einer Heizungsanlage jeder Heizkörper oder Heizkreis einer Flächenheizung genau mit der Heizwassermenge versorgt wird, die benötigt wird, um die für die einzelnen Räume gewünschte Raumtemperatur zu erreichen. Dies wird beim Neubau mit genauer Planung, Überprüfung und Einstellung bei der Inbetriebnahme der Anlage erreicht. Bei Altanlagen ist ein nachträglicher hydraulischer Abgleich möglich, wenn die dafür erforderlichen Armaturen im Rohrnetz vorhanden sind (voreinstellbare Thermostatventile, einstellbare Rücklaufverschraubungen, Durchflussmengensteller bei Heizkreisverteiler für Flächenheizungen) oder ersetzt werden können.

Prinzip: Gleichmäßige Durchströmung aller Heizköper, Quelle: proKlima Hannover

Aus der Abbildung wird links ersichtlich, dass ohne einen hydraulischen Abgleich der Betrieb der Anlage gravierend beeinträchtigt sein kann: Die Heizkörper mit dem geringsten Abstand zur Wärmepumpe bzw. zum Heizkessel bzw. zur Umwälzpumpe werden durch hohen Druck überversorgt; die am weitesten entfernten Heizkörper dagegen unterversorgt. Hier kommt einfach zu wenig Heizwasser an.

Der hydraulische Abgleich ist nach § 60c des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) für den Neubau und die Modernisierung von Heizungsanlagen mit mindestens sechs Wohnungen vorgeschrieben. Aber auch bei Anlagen, die weniger Wohnungen beheizen, ist der hydraulische Abgleich sinnvoll. Der ausführende Handwerker ist nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teil C verpflichtet, Heizungsrohrnetze hydraulisch abzugleichen. Obwohl in der VOB/C DIN 18380 gefordert und im Gebäudeenergiegesetz gesetzlich vorgeschrieben, wird der hydraulische Abgleich in der Praxis oft nicht durchgeführt oder überprüft.

Vor einigen Jahrzehnten war die Schwerkraftheizung die dominierende Heizungsart. Bei dieser Heizung gibt es keine Pumpe. Allein der Temperaturunterschied zwischen Vor- und Rücklauf und dem daraus folgenden Dichteunterschied setzt den Heizwasserumtrieb in Gang. Alle Rohrleitungen und Heizkörper bzw. Heizflächen müssen durch unterschiedliche Dimensionierung entsprechend angepasst sein. Ein präziser hydraulischer Abgleich war die Grundvoraussetzung für das Funktionieren der Schwerkraftheizung.

#Warum ist ein hydraulischer Abgleich heute sinnvoll?

Ein hydraulischer Abgleich bietet zahlreiche Vorteile:

  • Energieeinsparung: Durch die Optimierung der Heizungsanlage kann der Heizenergieverbrauch der Anlage und der Strombedarf für die Umwälzpumpe gesenkt werden
  • Gleichmäßige Wärmeverteilung: Alle Räume werden, wenn die Heizleistung der Heizkörper der Heizlast entsprechen, gleichmäßig und annähernd gleichschnell warm, was den Wohnkomfort erhöht.
  • Weniger Heizgeräusche: Ein hydraulischer Abgleich trägt dazu bei, störende Geräusche, wie Rauschen und Pfeifen, in der Heizungsanlage zu reduzieren.
  • Erhöhte Lebensdauer der Heizungsanlage: Eine optimierte Heizungsanlage kann wegen geringerer Belastung der Komponenten die Lebensdauer der Anlage verlängern.
  • Gerechte Heizkostenabrechnung: In Mietwohnungen mit zentraler Wärmebereitstellung ist der hydraulische Abgleich wichtige Voraussetzung für eine gerechte Heizkostenabrechnung.

#Anzeichen für einen fehlerhaften hydraulischen Abgleich und Ursachen

  1. Einzelne Heizkörper bzw. Heizkreise für eine Flächenheizung werden nicht warm: Wenn die anderen Heizkörper bzw. Heizkreise für eine Flächenheizung warm werden, liegt wahrscheinlich ein hydraulischer Kurzschluss vor. Das heißt, durch die warm werdenden Heizkörper fließt deutlich zu viel Heizwasser. In diesem Fall ist der Temperaturunterschied zwischen Vor und Rücklauf sehr klein, die Rücklauftemperatur ist viel zu hoch.
  2. Heizkörperventile geben Geräusche ab: In diesem Fall ist der Differenzdruck im Ventil zu groß, so dass es zum Rauschen, Klappern oder Pfeifen kommt.
  3. Heizkörperventile und Rohrleitungen geben Geräusche ab:In diesem Fall ist die Strömungsgeschwindigkeit des Heizwassers zu hoch. Meist ist in diesem Fall der Temperaturunterschied zwischen Vor und Rücklauf sehr klein und die Rücklauftemperatur zu hoch.
  4. Heizkörperventile öffnen und schließen nicht zur gewünschten Innentemperatur In diesem Fall ist der Differenzdruck im Ventil zu hoch, so dass die Durchflussmenge nicht richtig angepasst werden kann. Wahrscheinlich ist die Pumpenleistung zu hoch.
  5. Das Regelverhalten von Thermostatköpfen ist gekennzeichnet durch starkes „Überschwingen“. Die Heizungsanlage wird wahrscheinlich mit unangepasst hohen Temperaturen betrieben, so dass die Heizkörper wegen der hohen Temperatur noch viel Leistung nachheizen haben, obwohl das Thermostatventil bereits geschlossen ist. Auch in diesem Fall ist meist die Pumpenleistung zu hoch. Der Durchfluss muss am problematischen Heizkörper eingedrosselt werden.
  6. Die Rücklauftemperatur des Heizsystems ist viel zu hoch: Obwohl die Heizkörper bzw. Heizflächen für niedrige Rücklauftemperaturen ausgelegt und berechnet wurden, liegt die Rücklauftemperatur über 40 bis 45 °C. Ursache ist (neben zu steiler Heizkurve) meist ein zu hoher Pumpendruck, so dass das Heizungswasser im Heizkörper bzw. der Heizfläche "keine Zeit" hat sich entsprechend abzukühlen.
  7. Beheizung aller Räume funktioniert erst zufriedenstellend nach Erhöhung der Steilheit der Heizkurve: Die Temperatur des Vorlaufs muss erhöht werden oder die Leistung der Umwälzpumpe muss auf eine höhere Stufe gestellt werden.
  8. Heizkörper sind während der Aufheizphase unterschiedlich warm: Während einige Heizkörper von oben bis unten hohe Temperaturen aufweisen, sind einige oder ein einzelner Heizkörper oben warm, ab der Mitte aber relativ kalt.
  9. Die Fußbodenheizung heizt unterschiedlich gut – mal wird ein Raum zu warm, mal bleibt er zu lange zu kalt.

Alle diese Erscheinungen deuten auf einen nicht oder nicht richtig ausgeführten hydraulischen Abgleich hin und führen zur Verschlechterung des Wirkungsgrades des Wärmeerzeugers. Die Vor-/Rücklauftemperaturen können unnötig hoch sein. Bei Einsatz von Wärmepumpen, moderner Brennwerttechnik oder bei Anlagen mit solarer Heizungsunterstützung verschlechtern sich die Nutzungsgrade daher u.U. gravierend.

#Wie funktioniert ein hydraulischer Abgleich?

Ein hydraulischer Abgleich wird in der Regel von einem/r Heizungsfachmann/-fachfrau übernommen, jedoch können auch Laien diesen durchführen. Zunächst wird die Heizlast für jeden Raum ermittelt, in dem Heizkörper bzw. Heizflächen vorhanden sind. Anschließend werden die optimalen Durchflussmengen für die einzelnen Heizkörper bzw. Heizflächen berechnet. Zum Schluss werden die Ventile an den Heizkörpern bzw. die Durchflusssteller im Heizkreisverteiler so eingestellt, dass die berechneten Durchflussmengen erreicht werden.

Hier ist eine detaillierte Beschreibung des Ablaufs:

  1. Heizlastberechnung: Zunächst wird die Heizlast für jeden Raum ermittelt. Dabei werden Faktoren wie Zieltemperatur, Raumgröße, Dämmung, Fensterflächen und Ausrichtung des Raumes berücksichtigt. Die Heizlast ist die Wärmeleistung, die ein Heizkörper bzw. Heizkreis bei der tiefsten möglichen Wintertemperatur (Auslegungstemperatur) aufbringen muss, um den Raum auf z.B. 20 °C zu erwärmen. Es gibt verschiedene Methoden zur Heizlastberechnung, z.B. die DIN EN 12831 oder vereinfachte Methoden.
  2. Datenaufnahme der Heizflächen und Thermostate: Es werden alle relevanten Daten, bei Heizkörpern deren Leistung und die Eigenschaften der dazugehörigen Ventile, bei Heizflächen die verlegte Länge der Rohre und Durchmesser erfasst. Fotos von den Heizkörpern, Ventilen und Heizkreisverteilern sind hilfreich, um später die richtigen Einstellungen leichter zu finden.
  3. Ermittlung der erforderlichen Durchflussmenge: Anhand der Heizlastberechnung und der Daten der Heizkörper bzw. Heizflächen wird die Heizwassermenge (Volumenstrom) ermittelt, die für das Erreichen der gewünschten Raumtemperatur erforderlich ist. Für die Ermittlung der Durchflussmenge ist von der gewünschten Spreizung (Temperaturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf) auszugehen. Bei Anlagen mit Wärmepumpe oder Brennwertgeräten ist eine möglichst niedrige Rücklauftemperatur anzustreben.
  4. Einstellwerte für die Heizkörper-Ventile ermitteln: Anhand der berechneten Volumenströme werden die Voreinstellwerte für die Heizkörperventile ermittelt. Diese Werte geben an, wie weit die Ventile geöffnet werden müssen, um die optimale Durchflussmenge zu erreichen. Die Voreinstellwerte sind in der Regel den Unterlagen der Ventilhersteller zu entnehmen.
  5. Ventile bzw. Durchflusssteller einstellen: Die Ventile an den Heizkörpern bzw. die Durchflussmengen-Stellglieder im Heizkreisverteiler für Fußboden- und Wandheizungen werden entsprechend den berechneten Voreinstellwerten eingestellt. Bei einstellbaren Umwälzpumpen sollte mit der niedrigsten Einstellung begonnen werden.
  6. Funktionskontrolle der Einstellungen: Nach dem Einstellen der Ventile bzw. Durchflussmengenstellglieder wird überprüft, ob alle Räume gleichmäßig warm werden und die gewünschte Temperatur erreicht wird. Gegebenenfalls sind Feinjustierungen erforderlich.
Durchflusssteller im Heizkreisverteiler einer Fußbodenheizung

Ein hydraulischer Abgleich ist erreicht, wenn alle parallelen Systeme (Heizkörper und Heizflächen an einem Strang, Wohnungen in einem Gebäude) jeweils den gleichen niedrigen hydraulischen Widerstand besitzen. Die Anlage kann in diesem Fall mit einem optimalen Anlagendruck und so mit einem optimal niedrigen Volumenstrom (Heizwasser) betrieben werden. Praktisch ist der ideale hydraulische Abgleich jedoch nur bei gleichbleibenden Bedingungen erreichbar. Da dies nicht möglich ist, erfolgt der hydraulische Abgleich für den kritischsten Zustand, d.h. der maximalen Heizlast, bei welcher alle Heizflächen durchströmt werden.

#Welche Voraussetzungen müssen für einen hydraulischen Abgleich gegeben sein?

  • Bei Heizungen mit Heizkörpern müssen möglichst alle Heizkörper entweder mit voreinstellbaren Thermostatventilen oder mit einstellbaren Rücklaufverschraubungen ausgestattet sein.
  • Bei Fußboden- oder Wandheizungen muss der Heizkreisverteiler für jeden Heizkreis Stellglieder zur Beeinflussung der Durchflussmengen besitzen. Die Durchflussmenge muss durch transparente Schauröhrchen mit Skalierung sichtbar sein.
  • Die Anlage muss den vorgeschriebenen statischen Anlagenbetriebsdruck und das Ausdehnungsgefäß den erforderliche Vordruck aufweisen.
  • Die Anlage muss sauber entlüftet sein.
  • Über den hydraulischen Abgleich sollte ein Protokoll erstellt werden, in dem alle Berechnungen und Einstellungen dokumentiert sind. Dieses Protokoll kann für spätere Wartungsarbeiten hilfreich sein.

#Was kostet ein hydraulischer Abgleich einer Heizungsanlage?

Die Kosten für einen hydraulischen Abgleich variieren je nach Größe des Hauses und der Komplexität der Heizungsanlage. In der Regel liegen die Kosten für ein Einfamilienhaus zwischen 500 und 1.000 Euro.

#Hydraulischer Abgleich von Warmwassernetzen

Für erwärmtes Trinkwasser wird häufig ein Zirkulationsnetz verbaut, welches über eine rückführende Leitung und einer Umwälzpumpe die Temperaturen bis zum letzten Verbraucher aufrecht erhält (siehe Zirkulationseinrichtung). In größeren Anlagen (ab 3 WE) ist es sinnvoll, auch dieses Rohrnetz ähnlich dem der Heizung abzugleichen. Die Zirkulationspumpe in der rückführenden Leitung kann dann bis zu 50% effizienter laufen und somit Strom sparen. Die Legionellenproblematik wird verringert, da die bessere Durchströmung auch an weit entfernten Verbrauchern zum Tragen kommt. Das DVGW-Arbeitsblatt W553 gibt Aufschluss über die richtige Bemessung der entsprechenden Leitungsdimension.

#Mein Fazit

  • Ein hydraulischer Abgleich ist eine sinnvolle Maßnahme, um die Heizungsanlage zu optimieren und Energie zu sparen.
  • Wenn Sie überlegen, einen hydraulischen Abgleich durchführen zu lassen, sollten Sie einen erfahrenen Heizungsinstallateur damit beauftragen.

Autor: now