Einfachen Hydraulischen Abgleich selbst durchführen
Wie ein stark vereinfachter hydraulischer Abgleich durchgeführt werden kann und welche Voraussetzungen gegeben sein müssen
#Ausgangssituation
Ob ein hydraulischer Abgleich überhaupt notwendig ist, lässt sich davon ableiten, ob eines der Anzeichen für einen fehlerhaften hydraulischen Abgleich zutrifft bzw. aufgetreten war. Ein stark vereinfachter hydraulischer Abgleich lässt sich vor allem bei den vielen Bestandsanlagen mit nur wenigen Hilfsmitteln erreichen. Vorausgesetzt ist, dass alle Heizkörper für die Beheizung der Räume ausreichend dimensioniert sind. Doch dies trifft schon deshalb meist zu, weil zahlreiche Heizungsanlagen nur überschlägig und dabei meist zu groß dimensioniert wurden und Energiesparmaßnahmen (neue Fenster, zusätzliche Wärmedämmung u.a.m.) die ursprünglich zu Grunde gelegte Heizlast verringert haben.

Im Allgemeinen wird von der Durchführung eines hydraulischen Abgleichs durch Laien abgeraten. Meiner Meinung nach kann aber auch der Laie bei Vorhandensein von Basiswissen zur Heizungstechnik einen vereinfachten hydraulischen Abgleich selbst durchzuführen. Und es ist gut so, wenn man sich mit seiner Heizungsanlage so intensiv beschäftigt. Mit der Optimierung der Heizkurve, der Einstellung der Umwälzpumpe usw. sollte der Besitzer der Heizungsanlage sich mindestens schon einmal beschäftigt haben. Risiken gibt es eigentlich keine, wenn man einmal von Fehleinstellungen absieht, die die Effizienz der Heizungsanlage eventuell beeinträchtigen oder zu unliebsamen Geräuschen führen. Wenn Sie sich in diesem Zusammenhang unsicher fühlen oder keinerlei Erfahrung mit der Praxis der Heizungstechnik haben, sollte diese Aufgabe aber der Heizungsinstallateur lösen.
#Wie wird ein stark vereinfachter hydraulischer Abgleich für die Heizkörperheizung vorgenommen?

Alles, was für den von mir beschriebene vereinfachten hydraulischen Abgleich für eine Heizkörperheizung gebraucht wird, ist ein wenig Werkzeug, ein Messgerät und etwas Geduld in einem Zeitfenster von etwa 1 bis 2 Tagen, in dem man ungestört mit der Heizung experimentieren kann. Das beste Ergebnis wird erzielt, wenn die Einstellungen bei möglichst niedrigen Außentemperaturen um etwa -5°C vorgenommen werden.
Werkzeug:
- Satz Imbusschlüssel und/oder Satz Schlitz-Schraubendreher für Verstellung über Rücklaufverschraubung
- Satz Schraubenschlüssel für das Öffnen der Rücklaufverschraubung
- eventuell spezielles Werkzeug zur Demontage der Thermostatköpfe
- digitales Infrarothermometer: mit Laserpointer, Preis etwa 15 bis 30€ (Die Genauigkeit dieser einfachen Geräte reicht für unseren Anwendungsfall vollkommen aus.)
- bei einem Ventileinsatz von Danfoss wird für die Verstellung des Durchflusses kein weiteres Werkzeug benötigt
- bei anderen Herstellen von Thermostventilen werden eventuell spezielle Werkzeuge benötigt
- Notizzettel, Stift

Bevor Sie beginnen, ist zu klären, ob die Heizköper voreinstellbare Ventile oder/und einstellbare Rücklaufverschraubungen besitzen. Ist weder das eine noch das andere vorhanden, kann der Abgleich nicht durchgeführt werden.
Bei voreinstellbaren Danfoss Ventilgehäusen lassen sich die dimensionierten Einstellwerte ohne Werkzeug einfach und exakt einstellen:

- Fühlerelement (Thermostatkopf) demontieren.
- Einstellring anheben.
- Einstellring gemäß der eingravierten Skala gegen den Uhrzeigersinn auf den gewünschten Einstellwert verdrehen.
- Die Einstellmarke zeigt immer exakt in Richtung Heizkörperanschluss.
- Einstellring einrasten lassen.
#Praktische Durchführung eine hydraulischen Abgleichs für eine Heizkörperheizung
- Bei möglichst niedrigen Außentemperaturen unter dem Gefrierpunkt wird zunächst die Umwälzpumpe, sofern diese zugänglich ist (nicht im Heizgerät), auf die niedrigste Stufe eingestellt. Haben Sie schon eine selbstoptimierende Pumpe, wird dieser Schritt ausgelassen. Die Heizung ist jetzt eingeschaltet im Handbetrieb (ohne automatisches Programm). Fremdenergieeinfluss ist auszuschließen (Sonneneinstrahlung, viele Personen, E-Geräte).

In vielen Heizungsanlagen arbeiten noch mehrstufige Pumpen, die oft auf der höchsten oder mittleren Stufe eingestellt sind und dadurch erhebliche Strommengen verbrauchen. Nach meiner Erfahrung reicht die Stufe I in den meisten Heizungsanlagen für Ein- und Zweifamilienhäuser aus, wenn sie denn hydraulisch einigermaßen abgeglichen sind.
- Nun wird die Heizkurve (siehe Bedienungsanleitung für die Regelung ihrer Heizung oder hier) auf einen niedrigen Wert eingestellt, so dass das Heizungswasser bei minus 5 °C eine Temperatur von etwa 50°C bekommt. Die Parallelverschiebung sollte bei 0 liegen, was einem Raumtemperatursollwert von ca. 20°C entspricht.
- Im nächsten Schritt machen Sie sich ein Bild von der ungefähren Länge der Vorlaufleitungen von der Pumpe bis zu den einzelnen Heizkörpern. Tragen Sie diese Längen für jeden Heizkörper getrennt in eine Tabelle ein. Die Heizung ist jetzt eingeschaltet und sollte im Handbetrieb (ohne Programm) laufen.
- Drehen Sie nun alle im Haus befindlichen Heizköper voll auf. Da sie für den Abgleich bei voreinstellbaren Thermostatventilen die Thermostatköpfe abnehmen müssen, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt dies zu tun. Die nummerierte Voreinstellung ist bei jedem Hersteller etwas anders gelöst, befindet sich aber immer rings um den Stößel des Ventileinsatzes. Bei Ventilen der Firma Danfoss wird kein Werkzeug zur Verstellung des Durchflusses benötigt.
- Wenn sie den Abgleich über die Rücklaufverschraubung an den Heizkörpern vornehmen müssen, schrauben Sie die eventuell vorhandene Abdeckkappen der Verschraubungen vorsichtig ab, am besten mit Hilfe eines Schraubenschlüssels. Legen Sie sich einen passenden einsteckbaren Imbusschlüssel oder einen Schlitz-Schraubendreher für die Durchflusseinstellung in der Rücklaufverschraubung zurecht. Funktion: Durch Eindrehen reduziert sich der Durchfluss des Heizungswassers durch den Heizkörper bis auf 0, und durch Herausdrehen erhöht sich der Durchfluss des Heizungswassers.
- Wenden Sie sich nach einigen Minuten dem Heizkörper zu, der der Pumpe am nächsten liegt. Dieser sollte, wenn die Vor-Einstellung stimmt, von oben gesehen im ersten Drittel etwa 50°C warm sein. Ab dem dritten Drittel nach unten sollte die Temperatur auf etwa 30°C bis 35°C absinken. Die Spreizung (Differenz zwischen der Vorlauftemperatur und der Rücklauftemperatur) sollte etwa 15 bis 20 Grad betragen. Gemessen wird mit dem Infrarotthermometer (Laserpointer), das in einem Abstand von 30 bis 40 cm auf den Heizkörper gerichtet ist. Achtung: Eine Messung von Temperaturen auf den blanken Verschraubungen des Vor-und Rücklaufes wäre fehlerhaft, daher muss ein Infrarotthermometer auf die lackierte Oberfläche des Heizköpers "schauen". Tragen Sie die gemessene Höchsttemperatur für den Vorlauf und den Rücklauf in Ihre Tabelle ein. Liegt die Rücklauftemperatur deutlich über den anvisierten 30 bis 35°C, ist die durch den Heizkörper fließende Wassermenge zu hoch (es sollte in diesem Fall eventuell auch schon hörbar rauschen). Liegt die Rücklauftemperatur deutlich darunter ist die Durchflussmenge zu gering. Ändern Sie den Durchfluss am Voreinstellring bzw. in der Rücklaufverschraubung. Ob es mehr oder weniger wird, lässt sich eventuell mit Hilfe eines Stethoskops besser hörbar machen. Achtung: Die Verstellung sollte nur in minimalen Drehbewegungen bzw. Schritten vorgenommen werden. Notieren Sie die Einstellwerte bzw. die Drehbewegungen. Es muss klar sein, dass die Änderung der Voreinstellung eines Thermostatventiles mehr oder weniger große Auswirkungen auf das Verhalten aller anderen Heizköper haben wird.
- Nach der Einstellung des ersten Heizkörpers gehen Sie schrittweise (etwa alle 15 Minuten bei einer Anlage mit Plattenheizköpern, 30 Minuten bei einer Anlage mit Gussradiatoren) zum jeweils nächsten Heizkörper (mit zunehmender Rohrlänge) über. Wiederholen sie dort die Prozedur wie im Punkt 6 beschrieben.
- Kommen Sie zu einem Heizkörper, bei dem die Verstellmöglichkeit zur Reduzierung nicht mehr erforderlich ist, sondern eher mehr Volumenstrom benötigt wird, stellen Sie alle Verstelleinrichtungen dieses und aller nachfolgenden Heizkörper auf maximalen Durchfluss. Kehren Sie anschließend zum ersten Heizköper zurück und wiederholen Sie alle Schritte nach Punkt 6.. noch einmal. Bei jedem neuen Start senken Sie den Durchfluss vom ersten Heizkörper beginnend um etwa 5%. Wiederholen Sie diese Schritte so oft, bis am entferntesten Heizköper keine Reduzierung mehr notwendig ist, der Durchfluss also zu einer optimalen Spreizung führt.
- Sollte trotz mehrerer Durchläufe der Zustand optimaler Spreizung von 15 bis 20 Grad am letzten Heizkörper nicht erreicht werden, müssen Sie vor einem erneuten Durchlauf bei einer einstellbaren Umwälzpumpe die nächststärkere Stufe (2) einstellen und das Procedere, mit Punkt 6. beginnend, erneut durchlaufen.
Haben Sie dann irgendwann den Zustand nach Punkt 8 erreicht (bei vollständig offenen Thermostatventilen ist die Spreizung über jedem Heizkörper etwa gleich), kann nun noch eine Anpassung der Heizkurve vorgenommen werden. Wird es bei niedrigeren Außentemperaturen nicht mehr richtig warm, muss die Steilheit erhöht werden und umgekehrt.
- Durchlaufen Sie den Abgleich immer aufs Neue, wenn innerhalb des Gebäudes Maßnahmen durchgeführt wurden, die die Heizlast beeinflusst haben (neue Fenster, zusätzliche Wärmedämmung, andere Raumnutzungen, neue Heizkörper etc.).
- Ein hydraulischer Abgleich kann jedoch keine Fehler in der Heizflächenauslegung (falsch berechnet, zu kleine Heizkörper) ausbügeln.
