Lüftungsanlagen für optimale Lüftung
Wie sinnvoll sind mechanische Lüftungsanlagen? Entscheidungsgründe, Randbedingungen und Probleme mit der Lüftungstechnik
Die Luftdichtheit moderner Gebäudehüllen lässt einen natürlichen (selbstständigen) Luftaustausch kaum mehr zu. Ich beobachte seit meinem Einstieg in die Bau- und Energieberatung vor 32 Jahren einen zunehmend verringerten Luftaustausch in den Wohnräumen. Dies konnte ich mit Hilfe der im Rahmen von Beratungen aufgestellten Datenschreibern an den tendenziell erhöhten Luftfeuchtigkeitswerten ermitteln. Das gilt für Neubau und sanierten Altbau gleichermaßen. Nach meinen Erfahrungen führte der Wegfall
- von raumluftabhängig betriebenen Feuerstätten und
- der Einbau von dicht schließenden Fenstern
zu den Problemen. Der Verzicht auf Wärmedämmmaßnahmen an Außenwänden hat dagegen, anders als manchmal vorgetragen, keine nennenswerten Auswirkungen auf die Luftqualität, auch nicht auf die Luftfeuchtigkeitswerte der Raumluft.
Neben objektiven Einflüssen auf die Luftwechselrate hat sich auch das Lüftungsverhalten selbst verändert: Es wird durch längere Abwesenheiten und gestiegene Heizkosten negativ beeinflusst. Dennoch richtet sich das Lüftungsverhalten meist nach Gewohnheiten und der Erfahrung sowie den wenig beeinflussbaren Möglichkeiten wie Abwesenheit, Wohnsituation, Lärm usw.. Damit ist die Güte der eingeatmeten Luft nur selten die Führungsgröße.
Es ist also keineswegs so, dass für Lüftungsanlagen nur moderne Energieeffizienz- oder Passivhäuser in Frage kommen. Auch im modernisierten Altbau sind Anlagen, die einen gezielten Luftaustausch unterstützen, zu empfehlen. Mit ihnen erreichen die Bewohner unabhängig von subjektiven Faktoren eine einstellbare Luftwechselrate und damit eine ausgewogene Luftqualität.
Als Führungsgröße kann
- die Präsenz,
- die Zeit (ähnlich wie bei der Heizungsregelung),
- die getauschte Luftmenge (Luftvolumen),
- der gemessene CO2 -Gehalt oder
- die Höhe der Raumluftfeuchtigkeit dienen.
#Einsparung von Heizkosten
Lüftungsanlagen bieten aber neben der Verbesserung der Luftqualität auch die Möglichkeit die Heizkosten zu senken.
Das höchste Einsparpotential (bis etwa 85% der Energie für Lufterwärmung) bieten zentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Beim überwiegenden Teil dieser Anlagen wird die Wärme der Abluft ("verbrauchte Luft", "dicke Luft") mit Hilfe eines Wärmetauschers an die im Winterhalbjahr kalte Zuluft (Frischluft) übertragen. Dazu muss die Abluft in Rohrleitungen gesammelt und zum Wärmetauscher transportiert werden. Die erwärmte Zuluft wird, vom Wärmetauscher kommend, über Kanäle in die Räume mit Frischluftbedarf geleitet. Diese Anlagen verlangen einen vergleichsweise hohen Investitionsaufwand und bestimmte konstruktive Voraussetzungen, weshalb hier vor allem der Neubau in Frage kommt. Neben zentralen Anlagen werden auch dezentrale Anlagen mit Wärmerückgewinnung angeboten sowie Konzepte verfolgt, bei der nur die Abluft zentral gesammelt und einer Wärmepumpe zugeführt wird.
Bei Lüftungsanlagen ohne Wärmerückgewinnung werden zentrale und dezentrale Systeme angeboten. Jeder kennt sicher die bei fensterlosen, innen liegenden Bädern genutzten Ventilatoren, die mit dem Lichtschalter oder einem Hygrometer gekoppelt sind. Meist ist deren Lärmpegel im Betrieb aber so beträchtlich, dass man sich kaum für den Gedanken an eine zentralen Anlage mit Einfluss auf den Luftwechsel im Schlaf- bzw. Wohnraum erwärmen kann.
Weniger bekannt sind daher Lüftungsanlagen mit einem zentralen Abluftventilator. Hier sorgt der entstehende Unterdruck an den Abluftventilen in Küche, Bad, WC, und Hasuwirtschaftsraum für den Luftaustausch. Die Zuluft strömt dezentral über Ventile direkt von außen in die Räume ein, die Frischluftbedarf haben, also Schlafräume, Kinderzimmer, Arbeitszimmer und Wohnstube. Die Regelung des Zuluftstromes geschieht durch temperatur- oder feuchtegeregelte Ventile.
Bei modernen Lüftungsanlagen mit oder ohne Wärmerückgewinnung sorgen regelbare Zu- und Abluftventile, angetrieben mit dem von der Lüftungsanlage erzeugten Druckgefälle, für
- einen akzeptablen Wasserdampfgehalt der Raumluft,
- einen niedrigen CO2 -Wert (kritische Konzentrationen),
- geringe Luftschadstoff-Konzentration (Teppiche, Farben, Bodenbeläge, Weichmacher, Lösungsmittel),
- ein deutlich abgeschwächtes Risiko für Bauschäden,
- eine verringerte Staubbelastung,
- reduzierte Geruchsbelastung,
- eine geringere Belästigung durch Außenlärm und
- abgesenkte Energiekosten (um 20% bis 80%).
Durch gezielte Nachtlüftung kann mit Lüftungsanlagen die sommerliche Aufheizung gemindert werden (Nachtauskühlung). Mit allen mechanischen Lüftungsanlagen kann bei angemessenen Investitionen eine Luftwechselrate erreicht werden, die der Gesundheit und der Behaglichkeit förderlich ist, die Bauschäden infolge von Durchfeuchtungen oder Wohnraumschimmel vermeiden hilft und die Heizwärme einspart.
#Fragen, die zu einer Lüftungsanlage führen (können)
- Geht es bei der Entscheidung für eine Lüftungsanlage um einen Neubau oder Altbau (Platz für Luftkanäle, Wärmetauscher, Ventile)?
- Sind bereits Bauschäden bzw. Probleme (Feuchte, Schimmel) vorhanden?
- Bin ich oder sind Familienmitglieder Allergiker oder Asthmatiker (Haare, Milben, Hausstaub, Duftstoffe, Chemikalien)?
- Sind zusätzliche Feuerstellen (Kamin- oder Kachelofen) vorhanden oder geplant? Feuerstellen in Wohnungen mit Lüftungsanlage müssen raumluftunabhängig betrieben werden.
- Gibt es eine zusätzliche Stickstoffoxid- oder Kohlenmonoxidbelastung , z.B. durch gasbetriebene Kochstellen, Backöfen, lampenöl- bzw. petroleumbetriebene Öfen)?
- Kann ich die Anforderungen an eine Fensterlüftung erfüllen (Häufigkeit, Anzahl)? Lassen bestimmte Umstände eine vernünftige Fensterlüftung nicht zu (Arbeit, Alter)?
- Wie groß ist die von einer Lüftungsanlage zu versorgende Wohnfläche bzw. umbauter Raum? Wie viele Zimmer sind zu belüften?
- Weitere Gesichtspunkte, die mich bewegen (Behaglichkeit, Lufthygiene, Energieeinsparung, MAK-Werte, CO2 -Wert, Bauschadensvermeidung?)
- Gibt es eine Belästigung durch Außenlärm (Straße, Nachbarn)?
- Sind Luftschadstoffe und Weichmacher vorhanden bzw. möglich? (Teppichböden, Bodenbeläge, Holzfarben, Kunststoffmöbel etc)
- Ist eine Dunstabzugshaube vorhanden (Abluft oder Umluft)? Abzugshauben mit Umluftbetrieb haben keinen Einfluss auf die Lüftungsanlage.
- Soll die Lüftungsanlage auch eine sommerliche Kühl-Funktion übernehmen?
- Kommt eine Lüftungsanlage mit anderen, z.B. bereits vorhanden Anlagen in Konflikt (WC-Ventilator, raumluftabhängige Heizkamine, Katzenklappen, u.a.m.)?
#Vorraussetzungen für Lüftungstechnik, Probleme
Jeder Einsatz von Maschinen - im Falle einer Lüftungsanlage der von Ventilatoren, Filtern, steuerbaren Klappen, Regelungen usw. - führt zu neuen Fragen und neuen Abhängigkeiten.
- Treten eventuell neue Geräusche im Zusammenhang mit dem Betrieb der Anlage auf (Akzeptanz)? Ventilatoren können brummen oder rauschen, Wärmepumpen können brummen oder rauschen, Telefonieschallübertragung über ein Kanalnetz (Zuluft, Abluft) ist möglich.
- Eine Lüftungsanlage, gleich welcher Art, fördert aktiv Abluft, Zuluft oder beides. Sind dafür die räumlichen Voraussetzungen gegeben? Können Rohrleitungen im Durchmesser von mindestens 100 mm verlegt werden?
- Welche Luft-Kanalführung ist für Zuluft, Abluft, Überströmöffnungen zwischen den Räumen möglich?
- Wo ist die Montage von Zuluft- und Abluftventilen möglich bzw. notwendig?
- Wo kann die Aufstellung der Ventilatorgehäuse erfolgen (Wärmetauscher, Wärmepumpen).
- In nahezu allen Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung kommen Filter zum Einsatz, z.B. Pollenfilter im Zuluftkanal oder Fettfilter im Abluftventil. Bin ich mir im Klaren darüber, dass die Filter getauscht bzw. gereinigt werden müssen?