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Behaglichkeit und Bauphysik

Werden grundlegende Erkenntnisse der Bauphysik konsequent beachtet, wird ein geringer Energiebedarf und eine hohe thermische Behaglichkeit ohne Feuchteschäden erzielt.

Untersuchung von Zugerscheinungen (blaue Fahnen) im Dachgeschoss mit Hilfe von Wärmebildern

Neben gestalterischen und funktionalen Aspekten rücken beim Bau eines Hauses oder der Modernisierung einige Disziplinen der Bauphysik in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus. Dabei wird den mit der thermischen Behaglichkeit in Verbindung stehenden Größen, wie dem baulichen Wärmeschutz, der Art der Wärmeverteilung, der Vermeidung von Wärmebrücken und Feuchtigkeitsschäden sowie der Luftdichtheit besonders viel Aufmerksamkeit zu teil.

Um den komplexen Anforderungen an Planung und Ausführung gerecht zu werden, ist ein fundiertes Verständnis der Disziplinen der Bauphysik für den Architekten unerlässlich. Denn die Bauphysik stellt ein entscheidendes Bindeglied zwischen Entwurf, ingenieurwissenschaftlichen Prinzipien und der tatsächlichen Leistungsfähigkeit von Bauwerken dar.

Thermogramm: Zahlreiche Wärmebrücken entstehen durch Planungsfehler, Ausführungsmängel und falsche Materialwahl
Thermogramm: Zahlreiche Wärmebrücken entstehen durch Planungsfehler, Ausführungsmängel und falsche Materialwahl

An dieser Stelle möchte ich auf ein Dilemma hinweisen, in dem private Auftraggeber für Neubau und Modernisierung stecken. Sie selbst weisen meist nur geringe bauphysikalische Kenntnisse auf. Und leider sind Architekten und Bauingenieure, die die bauphysikalischen Aspekte ihrer Entwürfe, Berechnungen und Planunterlagen eigentlich umsetzen müssten, oftmals nicht für die Ausführungsplanung und die Kontrolle der Arbeit auf der Baustelle verantwortlich. Diese Situation entsteht aus Kostengründen, in dem die vertragliche Beziehung mit dem Entwurfsverfasser nach der baurechtlich unbedingt erforderlichen Genehmigungsplanung beendet wird.

Ausführungsplanung? Kann ich selbst machen, oder meine Handwerker. Doch eigene Kenntnisse sind begrenzt und ausführende Handwerker sind nicht immer ausreichend informiert. Ihre handwerklichen Fähigkeiten sind nicht immer auf der Höhe der Zeit, wenn es sich um die Vermeidung von Wärmebrücken, die Einhaltung der Luftdichtheitsanforderungen oder um den vermeintlich einfachen Einbau von Fensterbrettern geht, um nur einige Beispiele zu nennen. So ist bei der Umsetzung für das reibungslose und kostenschonende Ineinandergreifen verschiedener Gewerke niemand mehr zuständig.

Damit entsteht eine Situation, in der zwar bauphysikalisch relevante Tätigkeiten ausgeführt werden, diese aber wegen Unkenntnis, mangelhafter Ausführung und Kontrolle nicht die gewünschte Qualität und Quantität aufweisen.

Ich möchte Ihnen daher raten, sich mit einigen wichtigen Aspekten selbst zu beschäftigen. Nur dann können sie eingermaßen sicher sein, das es auch so wird, wie sie sich das wünschen. Idealerweise sind sie den Ausführenden gedanklich immer ein Stück voraus und können bei der Kontrolle und Abnahme von Leistungen die richtigen Fragen stellen. Wenn sie sich dieser Anforderung nicht stellen wollen oder können, kann diese Rolle ein erfahrener und charakterstarker Bauberater übernehmen. Er sollte wissen worauf es ankommt und die Sprache der Handwerker sprechen und verstehen.

Ich möchte Ihnen ungemütlich kalte, feuchte und im Sommer zu warme Wohnungen ebenso ersparen wie schlecht belüftete Räume, in denen eine potentielle Schimmelgefahr besteht.

#Welche Fragen die Auswirkungen auf die Behaglichkeit haben, sollten gestellt werden?

Ich möchte Ihnen ungemütlich kalte, feuchte und im Sommer zu warme Wohnungen ebenso ersparen wie schlecht belüftete Räume, in denen eine potentielle Schimmelgefahr besteht.

#Was beeinflusst die thermische Behaglichkeit?

Innerhalb von Wohnräumen erwarten Menschen ein Raumklima, das den Lebensvorgängen des gesunden menschlichen Körpers, insbesondere seinem Wärmehaushalt, angepasst ist. Dieses Wohlbefinden des Menschen in einem Raum, ich verwende den Ausdruck thermische Behaglichkeit, hängt u.a. von einer Reihe äußerer Einflussgrößen ab.

Wichtig: Temperatur der Raumluft, der Oberflächen, die relative Luftfeuchte und die Luftbewegung
Wichtig: Temperatur der Raumluft, der Oberflächen, die relative Luftfeuchte und die Luftbewegung

Natürlich spielen auch die Lichtverhältnisse, hygienische Bedingungen, das akustische Umfeld und das psychische Wohlbefinden bei der empfundenen Behaglichkeit eine wichtige Rolle. Jedoch ist die thermische Behaglichkeit der zentrale und wichtigste Aspekt.

Die thermische Behaglichkeit wird beeinflusst von folgenden physikalischen Größen:

  • Höhe der Raumlufttemperatur
  • Höhe der Oberflächentemperatur der (von innen gesehen) raumumschließenden Flächen (also der Wände, Decken, Fußböden, Einrichtungsgegenstände u.a.m.)
  • Zu- und Abstrahlungsleistung von Wärme auf den bzw. vom Körper
  • Wärmeableitung in Fußbodenoberflächen und Möbel
  • Strömungsgeschwindigkeit der umgebenden Luft und
  • der relativen Feuchte der Raumluft

Ob und in welcher Stärke sich diese Größen auf das Behaglichkeitsempfinden des Einzelnen auswirken, hängen von

  • seinem Alter,
  • der Aktivität,
  • dem Gesundheitszustand,
  • der Gewöhnung,
  • der Einstellung und
  • der Kleidung ab.

#Der Wärmehaushalt des Körpers

Thermische Behaglichkeit ist deshalb essentiell, weil wir eine bestimmte Köpertemperatur aufrecht erhalten müssen. Dazu erzeugt unser Stoffwechsel Wärme, die durch Verbrennung der Nahrung mit Hilfe von Sauerstoff entsteht. Die mittlere Körpertemperatur beträgt etwa 36,4 bis 37,7 °C, wodurch der menschliche Körper einem Wärmeleistung abgebenden Heizkörper ähnelt. Ich verwende bei der Darlegung einzelner Aspekte der thermischen Behaglichkeit eine durchschnittliche Normaltemperatur von 37°C.

Ist die körperliche Aktivität hoch, steigt die Körpertemperatur und damit die insgesamt abgegebene Wärmeleistung. Bei leichter Aktivität sinkt wegen geringerer Körpertemperatur die Wärmeleistung deutlich. Um die Körpertemperatur aufrecht zu halten, entsteht bei leichter Tätigkeit der Wunsch nach einer höheren Umgebungstemperatur, bei schwerer Tätigkeit oder Sport kann es auch ruhig etwas kühler sein.

Aktivität Wärmeleistung in Watt
leichte Bürotätigkeit bei einer Raumlufttemperatur von 20°C 130
leichte Haus- und Büroarbeiten im Stehen oder leichten Werkbankarbeiten 150 bis 220
mittelschwere und schwere Tätigkeit, Sport 300

Zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur gibt der menschliche Körper in beheizten Räumen mal mehr, mal weniger Wärme über folgende Vorgänge ab:

  • Wärmestrahlung des Körpers (37°C) an kühlere raumumschließende Oberflächen (15 bis 20°C) und Möbelstücke (20°C)
  • Konvektion (kühlere Raumluft erwärmt sich am wärmeren Körper und steigt nach oben)
  • Verdunstung (Wasserdampf wird mit der Atmung und durch das Schwitzen abgeführt)
  • Wärmeableitung von der Körperoberfläche an Gegenstände, mit denen der Körper in direkter Verbindung steht (Schreibtisch, Werkzeug, Sitzmöbel, Bett, Fußböden, Kleidung etc.)

Die Höhe der Lufttemperatur beeinflusst die Art der Wärmeabgabe des menschlichen Körpers:

  • Je niedriger sie ist, um so höher ist der Anteil konvektiver Wärmeabgabe der Person,
  • Je höher sie ist, um so größer wird der Anteil der Wärmeabgabe durch Verdunstung über die Atmung und die Haut. Gleichzeitig geht die Wärmeabgabe durch Konvektion zurück.

Die Höhe der Oberflächentemperaturen der umgebenden Flächen beeinflusst die Wärmeabgabe des menschlichen Körpers ebenfalls:

  • Je niedriger sie sind (z.B. Außenwand 16°C), um so höher ist der Anteil der Wärmeabgabe durch Wärmestrahlung (37°C) der Person,
  • Je höher sie sind, um so geringer wird die Wärmeabgabe durch Wärmestrahlung.

Die Luftfeuchtigkeit in der Raumluft beeinflusst die Wärmeabgabe:

  • Ein hoher Wasserdampfanteil (Schwüle) der Raumluft verschlechtert die Wärmeregulation über Atmung und Schwitzen, verbessert aber die Wärmeregulation über Konvektion.

Die Luftbewegung verändert die Wärmeabgabe:

  • eine hohe Luftgeschwindigkeit erhöht die Wärmeabgabe durch Konvektion und schwitzen- das kann positiv aber auch negativ wahrgenommen werden.
Oberflächentemperaturen und Wärmeleistung

Optimale thermische Behaglichkeit könnte also als Zufriedenheit mit dem Umgebungsklima beschrieben werden. Da Menschen aber sehr unterschiedlich empfinden, können keine allgemein gültigen Behaglichkeitsparameter in engen Grenzen festgelegt werden. Daher ist es wichtig für die von Störungen der Behaglichkeit Betroffenen, die beteiligten physikalischen Größen zu kennen. Mit diesem Wissen können die erforderlichen Änderungen oder Anpassungen selbst vorgenommen werden, die zur Annäherung an ein optimales Umgebungsklima führen.

#Behaglichkeit und Heizwärmebedarf

Die thermische Behaglichkeit ist eng mit

  • dem im Winter zu deckenden Heizwärmedarf (um behagliche Lufttemperaturen und einen hohen Anteil an Wärmestrahlung zu erreichen) und
  • der im Sommer gewünschten Abkühlung verbunden.

Da aus beheizten Räumen die zugeführte Wärme immer wieder durch Wärmeableitung und Lüftung) verloren geht, besteht der Heizwärmebedarf im Winter immer. Je nach Außentemperaturen muss in unseren Breiten dafür eine Heizungsanlage mit Wärmepumpe o.ä. die gewünschte Heizwärme bereitstellen. Diese Heizungsanlage muss leistungsmäßig so dimensioniert sein, dass sie sowohl

  • den Lüftungswärmebedarf (aus dem Luftaustausch entstehender Wärmebedarf) als auch
  • den Transmissionswärmebedarf (aus Wärmeableitung durch Außenwände, Fenster, Decken usw. entstehend) an den kältesten Tagen des Winters decken kann.

Im Sommer muss zufließende Wärme aus Sonneneinstrahlung und hohen Lufttemperaturen begrenzt werden. Hierbei kann natürliche Klimatisierung zur Abkühlung beitragen. Reicht dies nicht, muss mit Hilfe von Kältemaschinen auf elektrischer Basis gekühlt werden.

#Lüftungswärmebedarf

Lüftungswärmebedarf entsteht im Winter durch den Zustrom kalter Luft von außen
Lüftungswärmebedarf entsteht im Winter durch den Zustrom kalter Luft von außen

In einer Wohnung haben wir es stets mit einem mehr oder weniger großen Austausch der Raumluft gegen die Außenluft zu tun. Im Winter, wenn warme Raumluft nach draußen verschwindet und kalte Luft nach innen strömt, haben wir einen bestimmten Bedarf an Heizwärme, um die zuströmende kalte Luft zu erwärmen. Denn ist die Luft zu kalt, gibt der Körper eine solch große Wärmemenge ab (durch Strahlung, Konvektion, dass er fröstelt und auskühlt. Die für die Aufheizung der zufließenden Kaltluft bis auf eine behagliche Raumlufttemperatur benötigte Heizwärme nennen die Fachleute Lüftungswärmebedarf.

Lüftungswärmebedarf
Der Lüftungswärmebedarf ist die Wärmemenge, die in einer bestimmten Zeit bei einem hygienisch notwendigen Luftwechsel zur Erwärmung der zugeführten Frischluft (Außenluft) erforderlich ist.

Die Höhe des Lüftungswärmbedarfes lässt sich mit Hilfe des Mindestluftwechsels theoretisch errechnen. Ein Mindestluftwechsel entsteht, da die Luft aus hygienischen Gründen (Wasserdampf, Kohlendioxid, Sauerstoffmangel, Staub, Gerüche, Ausgasungen usw.) und zur Vermeidung von Bauschäden (Kondensatbildung, Schimmel, Verfärbungen usw.) immer wieder durch frische Außenluft zu erneuern ist. Im Winter ist der Mindestluftwechsel mit einem Wärmeverlust verbunden, der durch die Heizungsanlage ausgeglichen werden muss. Im Sommer führt der Mindestluftwechsel meist zu einer unerwünschten Erwärmung der Raumluft. Dies kann durch verstärkte Nachtlüftung unterdrückt werden.

Zwar kann der Wärmebedarf für die Lufterwärmung theoretisch errechnet werden, er wird aber nicht mit der in der Praxis dafür aufgewendeten Wärmemenge übereinstimmen. Wieviel Luft tatsächlich ausgetauscht und erwärmt wird, hängt u.a. von zahlreichen, vom Bewohner nicht beeinflussbaren objektiven Faktoren ab. Dabei spielt das Volumen des Hauses, die Außentemperatur, der Wind, die Höhe des Hauses, das Vorhandensein eines Kaminofens (Schornstein!), die Luftdichtheit des Gebäudes u.a.m. eine Rolle. Der Nutzer entscheidet außerdem selbst, wie häufig und in welcher Weise die Fenster geöffnet werden. Der tatsächliche Bedarf an Lüftungswärme kann daher höher aber auch niedriger als der theoretisch errechnete Bedarf sein. Mit der abströmenden Luft geht im Winter immer Wärme verloren – sofern diese nicht durch geeignete Maßnahmen (z.B. eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung) zurückgehalten wird.

Der tatsächliche Luftwechsel beeinflusst Behaglichkeitsgrößen, wie die Lufttemperatur, die Strömungsgeschwindigkeit (Zug) und die Luftfeuchtigkeit.

#Transmissionswärmeverlust

Wärme verlässt unsere Häuser nicht nur durch Lüftung, sondern auch durch Wärmeableitung (Transmission). So strömt durch die Temperaturdifferenz im Winter Wärme durch eine Wand von innen nach außen. Sie wird deshalb in Abhängigkeit von der Außenlufttemperatur stetig kühler, sofern ihr nicht immer wieder neue Wärme durch die Heizung zugeführt wird. Wie schnell das geht, wird von der Dämmwirkung der Wandbaustoffe bestimmt.

Eine kalte Wand mit Temperaturen deutlich unter der Lufttemperatur wirkt wie ein Eisblock und schluckt die vom Körper abgegebene Wärmestrahlung.

Transmissionswärmebedarf
Der Transmissionswärmeverlust bzw. -bedarf ist die zu deckende Wärmemenge, die infolge der Wärmeableitung warmer Bauteile wie Wände, Fußböden, Decken, Fenster an die Außenluft entsteht. Diese Wärmemenge muss durch eine aktive (Heizungsanlage) und passive Heizung (Sonne, Körperwärme, elektrische Geräte u.a.m.) in gleicher Höhe wieder zugeführt werden.
Das Wärmebild zeigt die unter dem Fenster abfließende Wärme eines Heizkörpers
Das Wärmebild zeigt die unter dem Fenster abgehende Wärme eines Heizkörpers

Die Abkühl-Geschwindigkeit von Bauteilen ist u.a. abhängig von der

  • Höhe des Temperaturunterschiedes zwischen innen und außen,
  • Größe der wärmetauschenden Fläche der Bauteile,
  • materiellen Beschaffenheit (U-Werte der Wand, Fenster, Decken, Fußböden)
  • Windgeschwindigkeit der Außenluft sowie
  • Anzahl und quantitativen Bedeutung der mit den Bauteilen verbundenen Wärmebrücken.

Ist die Abkühlgeschwindigkeit hoch, sinkt die thermische Behaglichkeit rasch.

#Mein Fazit

  • Die Höhe des Lüftungswärmebedarfes ist abhängig von einem hygienisch bestimmten Mindestluftwechsel und wird durch einen verringerten Transmissionswärmebedarf kaum beeinflusst.
  • Der Wärmeverlust, der durch Transmission (Ableitung) entsteht, kann durch verbesserte Wärmedämmung der Bauteile reduziert werden.
  • Verbesserte Wärmdämmung erhöht die Oberflächentemperaturen, wodurch die thermische Behaglichkeit zunimmt.
  • Bei guter Qualität der Wärmedämmung wirkt diese Verringerung des Wärmeabflusses solange, wie die Dämmwirkung nicht nachlässt.
  • Nach heutigem Kenntnisstand verlieren richtig eingebaute Dämmstoffe ihre Dämmwirkung niemals. Und solange wird von der Heizung weniger Transmissions-Wärmebedarf zu decken sein.

Autor: fnow