Natürliche Klimatisierung im Sommer
Natürliche Klimatisierung ist ein Thema, das bei Neubau und Modernisierung von Häusern in einer Zeit globaler Klimaerwärmung immer wichtiger wird.
#Wie bekomme ich bei heißen Temperaturen die Wohnung schnell kühl?
Mit einer Klimaanlage lässt sich die Lufttemperatur rasch verringern. Dazu saugt ein Klimagerät warme Raumluft mithilfe eines Ventilators an und leitet sie über den Wärmetauscher eines Kältemittelkreislaufs. Dabei entsteht ein Luftstrom abgekühlter Luft und leider auch ein Luftstrom noch wärmerer Luft, der nach außen abgeführt werden muss. Die grundsätzliche Wirkungsweise der Anlagen verschiedener Anbieter unterscheidet sich nicht. Jedoch gibt es Unterschiede in der Lärmbelastung und der Effizienz.
Bei einem mobilen Klimagerät, das sich Monoblock nennt, wird der Kaltluftstrom in den Raum entlassen. Der Warmluftstrom muss mithilfe eines voluminösen Schlauches nach außen abgeführt werden. Geschieht dies nicht, hat die Anlage keinen Sinn, macht Lärm und verbraucht nur kostspieligen Strom.

Kaufen wir dagegen ein sogenanntes Splitgerät, erhalten wir zwei getrennte Geräte. Das Gerät, welches die warme Abluft produziert, wird außen aufgestellt oder an die Wand geschraubt. Beide Geräte sind mit Rohren, in denen Kältemittel zirkuliert, verbunden. Mit einem Splitgerät geht es im Wohnraum deutlich leiser zu, die Abkühlungsleistung steigt und der Stromverbrauch verringert sich erheblich.
#Haben Ventilatoren eine kühlende Wirkung?
Die Luft selbst wird durch einen Ventilator nicht abgekühlt, jedoch erhöht sich deren Strömungsgeschwindigkeit. Wegen dieser verstärkten Luftbewegung kommt es zu einer "Verbesserung des Schwitzens", da mehr Schweiß schneller verdunstet. Die Haut, die sich im Luftstrom befindet, wird gekühlt, was die thermische Behaglichkeit bei hohen Lufttemperaturen für eine bestimmte Zeit verbessern kann.
#Welche Wirkung haben Verdunstungskühlgeräte
Wenig bis keine Wirkung haben Verdunstungskühlgeräte (kurz "Luftkühler" genannt) in unseren Breiten. Die meist sehr billigen Geräte arbeiten nach dem Prinzip, dass verdunstendes Wasser seine Umgebung abkühlt. Daher kommt es nur in warmen und sehr trockenen Umgebungen zu einer messbaren Temperaturreduzierung. Ist die Luft schon sehr feucht, sinkt die Kühlleistung auf Null. Gleichzeitig verschlechtert sich die menschliche Temperaturregelung durch Schwitzen, was insbesondere die Behaglichkeit für ältere Personen verringert und auch gefährlich werden kann.
Wird eine hohe Kühlleistung rasch erforderlich, kommt man also um den Betrieb einer elektrisch betriebenen Klimaanlage nicht herum. In den allermeisten Fällen lässt sich jedoch durch konsequente Anwendung weniger bauphysikalischer Kenntnisse eine natürliche Klimatisierung mit akzeptablen Temperaturen erzielen.
#Wie erreiche ich natürliche Klimatisierung?
Die natürliche Klimatisierung steht für verschiedene passive Methoden, um Innenräume im Sommer auf angenehme Temperaturen zu halten, ohne dass auf energieintensive Klimaanlagen zurückgegriffen werden muss. Die Methoden nutzen natürliche Ressourcen und physikalische Prinzipien, um Wärme abzuführen oder den Zustrom von Wärme zu begrenzen. Sie alle erfordern eine durchdachte Planung und Bauweise, sowohl bei Errichtung eines Gebäudes als auch bei einer Modernisierung. Durch die Kombination verschiedener, ineinandergreifender Prinzipien lässt sich ein komfortables und energieeffizientes Raumklima schaffen.
Bei längeren Hitzeperioden, wie sie uns möglicherweise bevorstehen, ist die Abkühlung von Wohnraum allein mit der Umsetzung von Prinzipien der natürlichen Klimatisierung aber schwierig. Ohne deren Beachtung ist alles aber noch sehr viel schwieriger. Davon sind besonders Dachgeschosswohnungen betroffen, die bereits bei normalen Temperaturen stark überhitzen können. Mögliche Gründe sind eine schwache, liederlich verlegte Dämmung, fehlende Speichermasse im Dachgeschoss, Luftundichtheiten und keine äußeren Verschattungsmöglichkeiten liegender Dachflächenfenster.
#Kompakte Bauform
Prinzip: Verringerung der Einstrahlung durch minimierte Oberflächen

- Eine kompakte Bauform schafft maximales Volumen bei geringster Hüllfläche.
- Wird bei dem Gebäude auf Zergliederung und kleinteilige Anbauten verzichtet, verringert sich die der Sonneneinstrahlung ausgesetzte Fläche.
- Bauen mit Keller schafft Räume mit reduzierter Raumtemperatur.
#Trennung von Baumasse und Dämmung
Prinzip: Optimale Baustoffe für verschiedene Aufgaben

- Der eigentliche, innen liegende massive Baukörper, bestehend aus Außenwänden, Decken, Fußböden, Ringbalken, Treppen u. a. m., wird aus einem dichten, schweren Baustoff errichtet (z. B. Beton, Kalksandstein, schwere Natursteine, massive Tonziegel, Lehmsteine, Holzbalken, Anhydritestrich).
- Eine sehr gute Wärmedämmung haust den schweren Baukörper ein. Dadurch kommt dieser nicht direkt mit der Sonne bzw. warmer Außenluft in Berührung.
- Warme Außenluft, die durch Lüftung in die Räume gelangt, gibt ihre Wärme an die (noch vergleichsweise kühle) Speichermasse des massiven Baukörpers ab. Zeitverzögert (Phasenverschiebung) wird die so aufgenommene Wärme wieder an die Raumluft zurückfließen.
- Nachts kann die gespeicherte Wärme durch mechanisch unterstütztes Querlüften abgeführt werden, sodass am Morgen wieder die größtmögliche Speichermasse zur Verfügung steht.
#Hohe thermische Speichermasse der Dämmstoffe im Dachgeschoss
Prinzip: Hohe Wärmekapazität verlangsamt Temperaturerhöhung

- Eine geringe Aufheizung der Räume im Dachgeschoss lässt sich mit Dämmstoffen erreichen, die eine hohe thermische Speicherkapazität haben. Sie sollten möglichst stark eingebaut werden. Dadurch entsteht eine längere Phasenverschiebung.
- Zu den wirkungsvollsten Dämmstoffen zählen in diesem Zusammenhang Holzfaserdämmplatten, Holz- und Zellulosefasern.
#Hohe Luftdichtheit der Hüllflächen
Prinzip: Verringerte Warmluftzufuhr durch hohe Luftdichtheit der Hüllflächen
- Besonders im Dachgeschoss ist auf hohe Luftdichtheit der Wärmedämmung und Verkleidung zu achten, damit es nicht zur Einströmung warmer Außenluft in die Wohnräume kommt.
#Be- und Entlüftung in der Nacht
Prinzip: Nachtlüftung zum Abkühlen der thermisch wirksamen Masse

- Querlüftung durch gegenüberliegende Fenster und Türen kühlt vor allem in der Nacht die thermische Baumasse ab.
- Dafür kann auch der Kamineffekt ausgenutzt werden (warme Luft steigt durch die Thermik nach oben und versucht zu entweichen, z. B. durch offene Dachfenster oder einen umfunktionierten Kamin), während kühlere Luft von unten nachströmt.
- Am komfortabelsten sind mechanische Abluftanlagen, die in der Nacht und am frühen Morgen (dann hat die Außenluft meist die geringste Luftfeuchtigkeit) durch kontinuierlichen Luftwechsel die Speichermasse auskühlen.
#Vermeidung von sehr hohen Oberflächentemperaturen durch direkte Sonneneinstrahlung
Prinzip: Sonneneinstrahlung auf Gebäude und Fenster minimieren.

- Eine entsprechende Ausrichtung des Gebäudes zur Sonne kann den solaren Wärmezufluss um die Mittagszeit minimieren.
- Die Fenster in Ost-/Westausrichtung sollten klein gehalten werden, da hier die Verschattung wegen tiefer stehender Sonne schwierig ist.
- Spezielle Sonnenschutzverglasungen oder Folien können den solaren Wärmeeintrag reduzieren. Weitere Hilfsmittel, wie außenliegende Rollläden, Jalousien, Markisen und Raffstores verhindern solare Einstrahlung und optimieren den gewünschten Effekt.
- Auf in den Wohnraum integrierte Wintergärten sollte verzichtet werden.
- Die Verschattung durch große Dachüberstände, Vordächer, Balkone, Bäume und Sträucher die ermöglicht direkte Sonneneinstrahlung auf das Gebäude reduzieren.
- Helle Außenfarben, weiße Fensterrahmen und reflektierende Materialien auf dem Dach und an den Wänden verringern die solare Wärmeeinstrahlung.
- Pflanzen an Fassaden können Schatten spenden. Sie senken so die Oberflächentemperatur und verringern die Strahlungsabgabe aufgeheizter Wände.
#Verdunstungskühlung
Prinzip: Verdunstung von Wasser entzieht der Umgebung Wärme und kühlt so die Luft.

- Durch die Anlage von Teichen und Wasserspielen in der Nähe von Gebäuden kann sich durch Verdunstung des Wassers die Umgebungsluft abkühlen.
- Pflanzen auf Dächern (Gründach) und an Fassaden (vertikale Begrünung) verdunsten Wasser und kühlen so die Luft rund um die Gebäudehülle.
- Auch im Innenraum geben Pflanzen über ihre Blätter Wasser ab, wodurch sich die Luftfeuchtigkeit etwas erhöht, aber die Raumtemperatur leicht gesenkt wird. Pflanzen mit großen Blättern haben hier einen größeren Effekt.
#Begrenzung der Raumluftfeuchte und Verwendung diffusionsoffener Materialien
Prinzip: Begrenzung der Raumluftfeuchte verbessert Regelung der Körpertemperatur

- Durch die Verwendung diffusionsfähiger Baustoffe können Unterschiede der Luftfeuchtigkeit ausgeglichen und so ein angenehmes Raumklima gefördert werden. Der Abbau zu hoher Luftfeuchtigkeitswerte gelingt aber nur durch Luftwechsel (Lüftung), möglichst in der Nacht.
#Zuluft über Erdwärmetauscher
Prinzip: Nutzung niedrig temperierter Ressourcen
- Erdwärmetauscher nutzen die konstant niedrigere Temperatur des Erdreichs, um im Sommer die Zuluft zu kühlen und im Winter vorzuwärmen (Achtung: hygienische Probleme der Zuluft sind durch Tauwasserbildung und Schimmel möglich).
- Voraussetzung ist eine Be- und Entlüftungsanlage mit zentraler Ab- und Zuluft.
#Erweiterte Nutzung thermisch wirksamer Masse
Prinzip: Nutzung thermisch wirksamer Masse
- Gebäude können teilweise tief in den Boden gebaut werden, um die thermische Masse des Erdreichs zu nutzen.

#Vorteile natürlicher Klimatisierung:
- Eine natürliche Klimatisierung erreicht eine hohe Energieeffizienz. Der Stromverbrauch (z. B. für Nachtlüftung) ist verschwindend gering im Vergleich zu Klimaanlagen.
- Die Nutzung der Verdunstungskühlung kann gegenüber herkömmlichen Klimaanlagen sehr viel Strom sparen. Gründächer können den Kühlbedarf um bis zu 70 % reduzieren.
- Die natürliche Klimatisierung verursacht keine oder nur geringe Emissionen von Treibhausgasen. Auf die Verwendung problematischer Kältemittel wird verzichtet.
- Das Raumklima wird oft als angenehmer empfunden, wenn die Luft nicht zu stark gekühlt und zu trocken ist. Luftzug, wie er bei Klimaanlagen entsteht, fällt weg.
- Durch den Einsatz von Pflanzen verbessert sich die Luftqualität, da sie Schadstoffe aus der Luft filtern können.
- Mögliche Gesundheitsrisiken durch Klimaanlagen werden vermieden.
- Unangenehmer Lärm durch Klimaanlagen wird vermieden.
- Nach der initialen Investition (z. B. für Baumaßnahmen oder Bepflanzung) sind die Betriebskosten in der Regel sehr niedrig.
- Im Vergleich zu komplexen Klimaanlagen sind die Wartungskosten sehr gering.
#Nachteile natürlicher Klimatisierung
- Die Effektivität hängt stark von den lokalen klimatischen Bedingungen ab.
- In heißen und feuchten Klimazonen kann die natürliche Klimatisierung allein möglicherweise nicht ausreichen.
- Die natürliche Klimatisierung erfordert eine sorgfältige Planung und Integration in den Gebäudeentwurf. Eine nachträgliche Berücksichtigung ist oft nicht umfassend möglich.
- Eine temporäre und rasche Temperaturänderung im Wohnraum ist nicht möglich.