Natürliche Klimatisierung im Sommer
Natürliche Klimatisierung ist ein Thema, was bei Neubau und Modernisierung von Häusern in einer Zeit globaler Klimaerwärmung immer wichtiger wird
Die natürliche Klimatisierung steht für verschiedene passive Methoden, um Innenräume im Sommer auf angenehme Temperaturen zu kühlen. Dabei wird nicht auf energieintensive Klimaanlagenohne zurückzugreifen. Die Methoden nutzen statt dessen natürliche Ressourcen und physikalische Prinzipien, um Wärme abzuführen oder den Zustrom von Wärme zu begrenzen. Sie alle erfordern eine durchdachte Planung und Bauweise. Durch die Kombination verschiedener, ineinander greifender Prinzipien lässt sich ein komfortables und energieeffizientes Raumklima schaffen.
Optimale natürliche Klimatisierung wird erreicht durch:
#1. Kompakte Bauform
Prinzip: Verringerung der Einstrahlung durch minimierte Oberflächen
- Eine kompakte Bauform schafft maximales Volumen bei geringster Hüllfläche.
- Wird bei dem Gebäude auf Zergliederung und kleinteilige Anbauten verzichtet, verringert sich die der Sonneneinstrahlung ausgesetzte Fläche
- Bauen mit Keller schafft Räume mit reduzierter Raumtemperatur
#2. Trennung von Baumasse und Dämmung
Prinzip: Optimale Baustoffe für verschiedene Aufgaben
- Der eigentliche, innenliegende massive Baukörper, bestehend aus Außenwänden, Decken und Fußböden, wird aus einem dichten, schweren Baustoff errichtet (Beton, Kalksandstein, schwere Natursteine, massive Tonziegel, Lehmsteine, Holzbalken, Anhydridestrich).
- Eine sehr gute Wärmedämmung haust den schweren Baukörper ein. Dadurch kommt dieser nicht direkt mit der Sonne bzw. warmer Außenluft in Berührung.
- Warme Außenluft, die durch Lüftung in die Räume gelangt, gibt ihre Wärme an die (noch vergleichsweise kühle) Speichermasse des massiven Baukörpers ab. Zeitverzögert (Phasenverschiebung) wird die so aufgenommene Wärme wieder an die Raumluft zurück fließen.
- Nachts kann die gespeicherte Wärme durch mechanisch unterstütztes Querlüften abgeführt werden, so dass am Morgen wieder die größtmöglich abgekühlte Speichermasse zur Verfügung steht.
#3. Hohe Speichermasse der Dämmstoffe im Dachgeschoss
Prinzip: Hohe Wärmekapazität verlangsamt Temperaturerhöhung
- Eine geringe Aufheizung der Räume im Dachgeschoss lässt sich mit ausreichend stark eingebauten Dämmstoffen erreichen, die eine hohe thermische Speicherkapazität haben. Dadurch entsteht eine längere Phasenverschiebung.
- Zu den wirkungsvollsten Dämmstoffen zählen in diesem Zusammenhang Holzfaserdämmplatten, Holz- und Zellulosefasern.
#4. Be- und EntLüftung
Prinzip: Nachtlüftung zum Abkühlen der thermisch wirksamen Masse
- Querlüftung durch gegenüberliegende Fenster und Türen kühlt vor allem in der Nacht die thermische Baumasse ab.
- Dafür kann auch der Kamineffekt ausgenutzt werden (warme Luft steigt ddurch die Thermik nach oben und entweicht, z.B. durch offene Dachfenster) während kühlere Luft von unten nachströmt.
- Am komfortabelsten sind mechanische Abluftanlagen, die in der Nacht und am frühen Morgen (meist geringste Luftfeuchtigkeit) durch kontinuierlichen Luftwechsel die Speichermasse auskühlen.
#5. Vermeidung von Überhitzung
Prinzip: Sonneneinstrahlung auf Gebäude und Fenster minimieren.
- Eine entprechende Ausrichtung des Gebäudes zur Sonne kann den solaren Wärmezufluss um die Mittagszeit minimieren.
- Die Fenster in Ost-/Westausrichtung sind zu minimieren, da hier die Verschattung wegen tiefer stehender Sonne schwierig ist.
- Spezielle Sonnenschutzverglasungen oder Folien können den solaren Wärmeeintrag reduzieren. Weitere Hilfsmittel, wie außenliegende Rollläden, Jalousien, Markisen und Raffstores verhindern solare Einstrahlung und optimieren den gewünschten Effekt.
- Verzicht auf integrierte Wintergärten
- Die Verschattung durch große Dachüberstände, Vordächer, Balkone, Bäume, Sträucher reduziert die direkte Sonneneinstrahlung auf das Gebäude.
- Helle Außenfarben, weiße Fensterrahmen und reflektierende Materialien auf dem Dach und an den Wänden verringern die solare Wärmeeinstrahlung.
- Pflanzen an Fassaden können Schatten spenden und so die Oberflächentemperatur senken.
#6.Verdunstungskühlung
Prinzip: Verdunstung von Wasser entzieht der Umgebung Wärme und kühlt so die Luft.
- Durch die Anlage von Teichen und Wasserspielen in der Nähe von Gebäuden kann sich durch Verdunstung die Umgebungsluft abkühlen.
- Pflanzen auf Dächern (Gründach) und an Fassaden (vertikale Begrünung) verdunsten Wasser und kühlen so die Luft rund um die Gebäudehülle.
- Auch im Innenraum geben Pflanzen über ihre Blätter Wasser ab, wodurch sich die Luftfeuchtigkeit etwas erhöht und die Raumtemperatur leicht gesenkt wird. Pflanzen mit großen Blättern haben hier einen größeren Effekt.
#7. Verwendung diffusionsoffener Materialien
Prinzip: Begrenzung der Raumluftfeuchte verbessert Regelung der Körpertemperatur
- Durch die Verwendung diffusionsoffener Baustoffe können Unterschiede der Luftfeuchtigkeit ausgeglichen und so ein angenehmes Raumklima gefördert werden. Der Abbau zu hoher Luftfeuchtigkeitswerte gelingt aber nur durch Luftwechsel (Lüftung) möglichst in der Nacht.
#8. Zuluft über Erdwärmetauscher
Prinzip: Nutzung niedrig temperierter Resourcen
- Erdwärmetauscher nutzen die konstant niedrigere Temperatur des Erdreichs, um im Sommer die Zuluft zu kühlen und im Winter vorzuwärmen.
#9. erweiterte Nutzung thermisch wirksamer Masse
Prinzip: Nutzung thermisch wirksamer Masse
- Gebäude können teilweise oder vollständig in den Boden gebaut werden, um die thermische Masse des Erdreichs zu nutzen.

#Vorteile der natürlichen Klimatisierung:
- Eine natürliche Klimatisierung erreicht eine hohe Energieeffizienz. Der Stromverbrauch (z.B. für Nachtlüftung) ist erheblich geringer im Vergleich zu herkömmlichen Klimaanlagen.
- Die Nutzung der Verdunstungskühlung kann bis zu 90% weniger Strom verbrauchen als herkömmliche Klimaanlagen, und Gründächer können den Kühlbedarf um bis zu 70% reduzieren.
- Die natürliche Klimatisierung verursacht keine oder nur geringe Emissionen von Treibhausgasen. Es wird auf die Verwendung schädlicher Kältemittel verzichtet.
- Das Raumlima wird oft als angenehmer empfunden, da keine zu trockene, stark gekühlte Luft und kein Luftzug wie bei Klimaanlagen entsteht
- Durch den Einsatz von Pflanzen verbessert sich die Luftqualität, da sie Schadstoffe aus der Luft filtern.
- Vermeidung von möglichen Gesundheitsrisiken durch Klimaanlagen.
- Unangenehme Schallemissionen werden vermieden.
- Nach der initialen Investition (z.B. für Baumaßnahmen oder Bepflanzung) sind die Betriebskosten in der Regel sehr niedrig.
- Im Vergleich zu komplexen klimaanlagen sind die Wartungskosten sehr gering
#Nachteile natürlicher Klimatisierung
- Die Effektivität hängt stark von den lokalen klimatischen Bedingungen ab.
- In heißen und feuchten Klimazonen kann die natürliche Klimatisierung allein möglicherweise nicht ausreichen.
- Die natürliche KLimatisierung erfordert eine sorgfältige Planung und Integration in den Gebäudeentwurf. Eine nachträgliche Berücksichtigung ist oft nicht umfassend möglich.
- Eine temporäre und rasche Temperaturänderung im Wohnraum ist nicht möglich.