Wärmebrücken verstehen und vermeiden
Artikel zu Wärmebrücken, die negative Auswirkungen auf Behaglichkeit, Heizwärmeverbrauch und Bauschadensfreiheit haben.
#Was ist eine Wärmebrücke?

Eine Wärmebrücke entsteht durch einen Baustoff in einem Bauteil eines Gebäudes, der eine hohe Dichte aufweist. Typische Baustoffe, die zu Wärmebrücken führen können, sind Beton, Kalk-Sand-Stein oder Stahl. Über diese Baustoffe kann im Winter Raumwärme sehr leicht nach außen abfließen. Die Folge davon ist eine deutlich abgesenkte Temperatur auf der inneren Seite des mit dem Baustoff ausgeführten Bauteils. Um damit verbundene Unbehaglichkeiten, Bauschäden und einen erhöhten Heizwärmeverbrauch zu verhindern, sind Wärmebrücken im Baukörper zu vermeiden. Dies kann durch entsprechende Konstruktion und zusätzliche Wärmedämmung erreicht werden.
- Kältebrücke?
- Ich verwende bewusst den Begriff "Wärmebrücke" statt "Kältebrücke", weil physikalisch gesehen stets Wärme von der warmen Seite zur kalten Seite einer Konstruktion abfließt. Was wir als kalt empfinden, ist eigentlich nur sehr niedrig temperierte Wärme. Diese Sichtweise hilft uns zu verstehen, wo die Wärme hingeht und wie wir den Verlust stoppen können.
Anschaulich: Stellen Sie sich vor, Sie haben eine gut isolierte Jacke an, aber an einer Stelle fehlt das Fleece-Gewebe oder die Daunen – genau dort verlieren Sie Körperwärme, es wird kalt. Hier frieren Sie zuerst. Genauso funktioniert eine Wärmebrücke im Haus.

Die Prinzipdarstellung stellt den Mechanismus einer Wärmebrücke dar. Die Wärmebrücke ist hier eine Betonsäule in einer Wand, die aus statischen Gründen erforderlich ist. Sie steht ungedämmt in einer Außenwand aus gut wärmedämmenden Porenbetonsteinen. Über die Betonsäule fließt wegen fehlender Dämmung sehr viel Wärme (rote Pfeile) nach außen ab. Das führt dazu, dass die Oberflächentemperatur auf der Innenseite der Betonsäule gegenüber der Temperatur der übrigen Wand (17°C) sehr niedrig ist (11°C).
Wärmebrücken können sehr klein sein oder so groß wie eine ganze Wand. Dementsprechend kann der mit dem Wärmestrom auftretende Wärmeverlust klein sein oder sehr groß werden. Besteht eine große Wärmebrücke aus stark wärmeleitendem Material oder/und sind mehrere Wärmebrücken beteiligt, kann viel Wärme rasch verschwinden.
Zur Vermeidung von Verlusten ist der Wärmetransport von innen nach außen zu unterbrechen oder zumindest zu bremsen. Das kann mit Hilfe einer Wärmedämmung der Wärmebrücke erfolgen. Im Falle des oben dargestellten Prinzips muss die Betonsäule eine Wärmedämmung von außen erhalten.
#Welche Folgen hat eine Wärmebrücke?
Wichtig: Auf einer Wärmebrücke, die sich in der Wand eines beheizten Raumes befindet, ist im Winter die Temperatur innenseitig immer niedriger als auf der übrigen Wand.
Das führt zu drei Hauptproblemen:
- Erstens fühlt es sich im unmittelbaren Bereich der Wärmebrücke ungemütlich an, selbst wenn es im Raum eigentlich warm genug ist.
- Zweitens steigt das Risiko für Feuchtigkeitsniederschlag und Schimmelbildung unmittelbar auf der Wärmebrücke.
- Drittens entsteht durch den Wärmeabfluss ein erhöhter Heizwärmeverbrauch.
#Wie lassen sich Wärmebrücken nachweisen?
- Da Wärmebrücken eine erhöhte oder verringerte Oberflächentemperatur verursachen, können Wärmebrücken mit Hilfe einer Wärmebildkamera (Thermografie) lokalisiert werden.
- Werden Wärmebilder vom Gebäudeinneren aus aufgenommen, zeigen sich die Wärmebrücken durch eine lokal auftretende niedrigere Oberflächentemperatur (z. B. bläulich).
- Werden Wärmebilder von außen angefertigt, zeigen sich Wärmebrücken durch eine erhöhte Temperatur (z. B. rötlich).
- Wärmebilder von Außenecken von Gebäuden zeigen in der Regel eine niedrigere Temperatur an.
#Welche Arten von Wärmebrücken gibt es?
#1. Wärmebrücken aus Unachtsamkeit
Wärmebrücken entstehen auf der Baustelle, wenn Baumaterialien mit unterschiedlichen wärmetechnischen Eigenschaften (Wärmeleitfähigkeiten) unüberlegt kombiniert werden. Die Ursache kann Unvermögen, Unkenntnis oder Schlamperei sein, weshalb sich solche Wärmebrücken vollständig vermeiden lassen. Hier sind einige typische Beispiele:
Beispiel | Abbildung |
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Der falsche Stein: Wenn in einer Wand aus gut dämmenden Ziegeln plötzlich ein Betonstein oder Kalksandstein eingebaut wird, entsteht eine Wärmebrücke. Das ist, als ob ein Stückchen Metall statt der Daunen in Ihrer Winterjacke eingenäht ist. Hier findet die Wärme den einfachsten Weg nach draußen. | ![]() |
Der ungedämmte Sturz: Oberhalb von Fenstern und Türen werden Betonträger eingebaut, die das Mauerwerk oberhalb stützen. Wenn dieser Träger nicht durch eine äußere Schicht Styropor gedämmt ist, leitet er Wärme besonders gut nach außen – nackter Beton ist ein ausgezeichneter Wärmeleiter. | ![]() |
Die vergessene Dämmung: Betondecken zwischen den Stockwerken, deren Stirnseiten (die sichtbaren Kanten an der Außenwand) nicht durch einen Dämmstoff abgedeckt sind, werden zu "wirkungsvollen" Wärmebrücken. Der Rand der Deckenfläche kühlt aus. | ![]() |
Der unbeachtete Ringbalken: Am oberen Abschluss einer Mauer wird in der Regel ein Betonring gegossen, der die Wand stabilisiert. Ohne äußere und nach oben und unten reichende Dämmung wirkt der Ringbalken wie eine Wärme-Autobahn (gelbe Pfeile) nach draußen. | ![]() |
Der falsche Mörtel: Für gut dämmende Mauersteine gibt es auch speziellen, gut dämmenden Mauermörtel. Wird billiger Normalmörtel verwendet, wird jede Mörtelfuge zu einer beachtlichen Wärmebrücke. | ![]() |
Die unzureichende Randdämmung: Bei einer Fußbodenheizung und zum Schallschutz wird am Rand ein Randdämmstreifen eingesetzt, gegen den der Estrich gegossen wird. Fehlt dieser oder ist er zu dünn ausgeführt, fließt ein großer Teil der Heizwärme ins Erdreich ab. | ![]() |
Die verlustreiche Heizkörpernische: Heizkörpernischen mit geschwächtem Mauerwerk oder fehlender Dämmung verursachen einen hohen Wärmeverlust - man heizt buchstäblich die Straße. | ![]() |
Zu dieser Kategorie gehören auch kleine, punktuelle Schwachstellen: Metalldübel in der Dämmung, Schrauben für Markisen oder Balkongitter – jedes durchgehende Metallteil wird zur Mini-Wärmebrücke. Dabei kann die Temperatur auf der Innenseite so niedrig werden, dass sich Kondenswasser auf Metallteilen entsteht, wodurch sie rosten können.

#2. Konstruktive Wärmebrücken
Konstruktive Wärmebrücken ergeben sich, wenn z. B.
- aus statischen Gründen keine ausreichend bzw. lückenlos wärmegedämmte Konstruktion möglich ist oder
- auf die Vermeidung nicht geachtet wurde (durch Unachtsamkeit in der Planung).
Konstruktive Wärmebrücken findet man häufig bei der einschaligen, monolithischen Bauweise, bei der keine zusätzliche Außendämmung angebracht wird.

Zu den konstruktiven Wärmebrücken zähle ich:
- Ringbalken, also Betonbauteile am oberen Ende von Mauern, die die Wand aus gut dämmenden Steinen unterbrechen bzw. überbrücken;

- Wand- und Deckenanschlüsse, wie Übergänge zwischen gedämmten Außenwänden und aufgelegten, an der Stirnseite ungedämmten Betondecken;
- Fenster- und Türlaibungen, wenn deren Rahmen in Aussparungen von Wänden aus gedämmten Ziegeln ohne zusätzliche Laibungsdämmung eingesetzt sind;
- Auskragende Balkonplatten, die ohne thermische Trennung Wärme nach außen leiten;
- Heizkörpernischen, also in der Dicke reduzierte, ungedämmte Außenwandabschnitte für Heizkörper;

- Rollladenkästen, ungedämmt;
- Sockelbereiche, wie die Übergänge zwischen einer gedämmten Fassade und einer ungedämmten Bodenplatte oder Kellerwand.
Wenn als Entwurfsprinzip auf die Vermeidung konstruktiver Wärmebrücken geachtet und die Umsetzung auf der Baustelle kontrolliert wird, lassen sich konstruktive Wärmebrücken nahezu vollständig vermeiden.
#3. Geometrische Wärmebrücken
Geometrische Wärmebrücken ergeben sich aus der Geometrie eines Bauteils oder eines Baukörpers. So stellt jede Außenecke eines Gebäudes eine geometrische Wärmebrücke dar, weil die innere Wandoberfläche kleiner ist als die zugehörige Außenwandfläche. Geometrische Wärmebrücken lassen sich nicht vollständig vermeiden, können aber durch klug konstruierte und angeordnete Bauteile in ihrer Wirkung gemindert werden.


Im Wärmebild von außen aufgenommen zeigen geometrische Wärmebrücken, wie z. B. Außenwandecken, niedrigere Temperaturen an, da einer kleinen Wärme aufnehmenden Fläche innen eine große Wärme abgebende Fläche außen gegenüberliegt. Dadurch kommt es im Bereich der Außenecke zu einem raschen Wärmeverlust.

Anschaulich: Der Tee wird sehr langsam kalt, weil er seine Wärme wegen der Doppelwandigkeit des Glases nur ganz allmählich abgibt. In diesem Fall funktioniert die umgebende Luft des inneren Gefäßes wie eine Wärmedämmung.
#Wärmebrücken schon bei der Planung minimieren
Wärmebrücken zu minimieren ist keine leichte Disziplin und keineswegs eine Selbstverständlichkeit, wie zahlreiche Baumängel immer wieder zeigen. Für den Auftraggeber bzw. Käufer einer Bauleistung ist es jedoch mit wenig Hintergrundwissen möglich, schon am Entwurf auf mögliche Wärmebrücken zu achten bzw. bestehende Wärmebrücken zu kompensieren.
#1. Wärmebrückenarme Bodenplatte
Bei einem Neubau kann die wärmebrückenarme Planung mit der Fundamentierung, z. B. durch die Auswahl einer gedämmten Bodenplatte beginnen. Kann die Last des Gebäudes von einem Dämmstoff getragen werden? In den meisten Fällen ist dies möglich.
ausführlich in energytools.de: Informationen zur Bodenplatte, Link: www.energytools.de/hausbau-und-erneuerung/bauteile-und-konstruktionen/waermegedaemmte-keller-oder-bodenplatte/waermegedaemmte-bodenplatte

#2. Wärmebrückenarme Außenwände
Kann eine Konstruktion so gestaltet werden, dass von vornherein die Anzahl der möglichen Wärmebrücken minimiert wird? Bei einer Außenwand ist eine einfache und wirksame Möglichkeit durch eine zusätzliche Außendämmung gegeben.

ausführlich in energytools.de: Informationen zum Wärmedämmverbundsystem, Link: www.energytools.de/hausbau-und-erneuerung/bauteile-und-konstruktionen/waermegedaemmte-aussenwaende/daemmung-der-aussenwand-von-aussen/waermedaemmverbundsystem-wdvs
#3. Wärmebrückenarmes Konstruieren und Kontrolle auf der Baustelle
Bei einem Neubau sollte der planende Architekt bzw. Bauingenieur auf wärmebrückenarme Details Wert legen. Denn bei einem gut wärmegedämmten Gebäude, geplant nach den Vorschriften des Gebäudeenergiegesetzes, spielen Wärmebrücken auch quantitativ eine große Rolle. Deshalb fordert der Gesetzgeber eine Berücksichtigung von Wärmebrücken mindestens mit pauschalen Verlustwerten.
Wichtig: Der Bauherr ist gut beraten, wenn er eine detaillierte Berechnung der Wärmebrücken mit Optimierung vom Planer verlangt. Im Rahmen der Ausführungsplanung sollte die zeichnerische Darstellung von wärmebrückenarmen Details mit Angaben zu den zu verwendenden Baustoffen vorgelegt werden. Erst dadurch können die Ausführenden auf der Baustelle wissen, was sie zu tun und zu lassen haben.
Bei einer Modernisierung lassen sich neue Wärmebrücken vermeiden und vorhandene kompensieren. So wird die Wärmebrücke im Laibungsbereich von Fenstern und Türen dadurch beseitigt, dass erst die Laibung gedämmt wird und dann Fenster und Türen eingesetzt werden. Oder Fenster und Türen werden bei Ersatz außen mauerwerksbündig eingesetzt, damit die anschließende Wärmedämmung von außen bis auf die Rahmen gezogen werden kann.
ausführlich in energytools.de: Fenster und Türen richtig einbauen Link: www.energytools.de/hausbau-und-erneuerung/bauteile-und-konstruktionen/fenster-und-tueren/fenster-und-tueren-richtig-einbauen
#Mein Fazit
- Mein Tee ist durch die Wahl eines doppelwandigen Glases (Prinzip Thermoskanne), während ich dies hier schrieb, schön heiß geblieben.
- Streng genommen ist jedes reale Bauteil eine Wärmebrücke mit bestimmten Ausmaßen, deren Wärmetransport nur durch verbesserte Wärmedämmung reduziert werden kann.
- Ein wichtiger Parameter der Planung ist die sichere Einhaltung einer Oberflächentemperatur von mindestens 17°C auf den Hüllflächen des Wohnraumes.
- Die am Bau meist zahlreich vorhandenen Wärmebrücken können die Behaglichkeit beeinträchtigen, zu Bauschäden (Schimmel) führen und den Heizwärmeverbrauch erhöhen.
- Viele Wärmebrücken entstehen aus Unachtsamkeit und lassen sich vermeiden.
- Die Vermeidung von Wärmebrücken fängt in der Planungsphase an. Lassen sich Wärmebrücken nicht vollständig vermeiden, müssen ihre Auswirkungen durch geeignete Maßnahmen reduziert werden, z. B. durch zusätzliche Dämmung.
- Auf der Baustelle können Wärmebrücken nur durch Detailzeichnungen und Kontrolle der Ausführung vermieden werden.
- Eine Reduzierung von Wärmebrücken verbessert die Energieeffizienz, schützt die Bausubstanz und sorgt für ein angenehmeres Wohnklima.