Vermeidung von Wärmebrücken
Die negative Auswirkungen von Wärmebrücken auf die Behaglichkeit, Heizwärmeverbrauch und Bauschadensfreiheit sind beträchtlich.
Ich nenne sie Wärmebrücken, und nicht Kältebrücken, weil stets Wärme über einen mehr oder weniger nachvollziehbaren Weg verschwindet, und nicht Kälte zu uns gelangt. Was wir als kalt bezeichnen, ist genau genommen niedrig temperierte Wärme. Die Wärmebrücke deshalb Wärmebrücke zu nennen ist hilfreich, weil damit der Weg ersichtlich wird, über den Bauteile Wärme verlieren. Die folgende Prinzipdarstellung stellt den Mechanismus einer Wärmebrücke dar, die von einer aus statischen Gründen eingesetzten Betonsäule gebildet wird. Sie steht ungedämmt in einer Außenwand aus gut wärmedämmenden Porenbetonsteinen. Über die Betonsäule fließt wegen der fehlenden Dämmung sehr viel Wärme nach außen ab, so dass die Oberflächentemperatur im Bereich der Betonsäule auf der Innenseite stark abfällt.

Der Wärmeverlust, den unterschiedlichste Wärmebrücken verursachen, muss durch die Heizung im Winter immer aufs neue ausgeglichen werden. Um diesen Verlust zu vermeiden, ist der Wärmetransport z.B. durch die Wand von innen nach außen zu unterbrechen oder zumindest zu bremsen. Das kann nur mit Hilfe homogener, wärmegedämmter Konstruktionen erfolgen. Im Falle der Prinzipdarstellung müsste die Betonsäuleeine Wärmedämmung am besten von außen erhalten. Das häufig genutzte Bild von der Kältebrücke halte ich für nicht hilfreich, weil es uns den Blick auf die richtigen Sanierungsschritte verstellt.

- Wärmebrücke
- Eine Wärmebrücke ist ein Bereich oder Abschnitt in Bauteilen, in dem Wärme auf einen geringeren Widerstand trifft als in angrenzenden Baustoffen. Die Folge davon ist das rasche Abfließen der Wärme und eine gegenüber der Umgebung der Wärmebrücke deutlich abgesenkte Temperatur auf der warmen, also inneren Seite des Bauteiles. Im Thermogramm von der kalten Seite (Außenthermogramm) wird die erhöhte Temperatur im Bereich der Wärmebrücke sichtbar (hier Sturzträger).

Alle Wärmebrücken führen zu Bereichen, die
- eine niedrige Oberflächentemperatur haben,
- ein erhöhtes Bauschadensrisiko besitzen,
- einem Mehrbedarf an Heizwärme verursachen und
- die thermische Behaglichkeit beeinträchtigen.
#Wärmebrücken aus Unachtsamkeit

Wärmebrücken aus Unachtsamkeit (oder materialbedingte Wärmebrücken) entstehen auf der Baustelle, wenn Bauteile aus schwächer wärmedämmenden Baustoffen mit ansonsten gut dämmenden Baustoffen in einer Konstruktion zusammengesetzt werden. So entsteht z.B. eine Wärmebrücke, wenn infolge Unachtsamkeit an Stelle eines wärmegedämmten Ziegels ein Betonziegel oder ein Ziegel aus Kalksandstein eingebaut wird. Ebenso ergibt sich eine Wärmebrücke, wenn auf einem Mauerwerk aus gut dämmenden Ziegeln ein ungedämmter Betonsturzträger aufgesetzt wird. Auch eine Betondecke, die ohne Dämmung der Stirnseite auf eine gedämmte Wandkonstruktion aufgelegt wurde, ist eine Wärmebrücke aus Unachtsamkeit.

Zu den Wärmebrücken aus Unachtsamkeit zähle ich auch Punktuelle Wärmebrücken. Es handelt sich dabei um lokale Schwachstellen, die oft durch Befestigungselemente (z.B. metallische Dübel in der Dämmung, ungedämmte Fallrohrschellen) entstehen.
Wärmebrücken aus Unachtsamkeit enstehen auf der Baustelle durch Unvermögen, Unkenntnis oder Schlamperei und können vollständig vermieden werden.

#Konstruktive Wärmebrücken
Konstruktive Wärmebrücken ergeben sich, wenn z.B. aus statischen Gründen keine ausreichend bzw. lückenlos wärmegedämmte Konstruktion möglich ist oder auf die Vermeidung nicht geachtet wurde. Konstruktive Wärmebrücken findet man häufig bei der einschaligen, monolithischen Bauweise. Zu den konstruktiven Wärmebrücken zähle ich:
- Ringbalken, also Betonbauteile am oberen Ende von Mauern, die die Wand aus gut dämmenden Steinen unterbrechen;
- Wand- und Deckenanschlüsse wie Übergänge zwischen gedämmten Außenwänden und aufgelegten, an der Stirnseite ungedämmten Betondecken;
- Fenster- und Türlaibungen, wenn deren Rahmen in Wandaussparungen von Wänden aus gedämmten Ziegeln ohne zusätzliche Laibungs-Dämmungen eingesetzt sind;
- Auskragende Balkonplatten, die ohne thermische Trennung Wärme nach außen leiten.

- Heizkörpernischen, also in der Dicke reduzierte, ungedämmte Außenwandabschnitte für Heizkörper.
- Rolladen-Kästen, ungedämmt;
- Sockelbereiche wie die Übergänge zwischen einer gedämmten Fassade und einer ungedämmten Bodenplatte oder Kellerwand
Solche Wärmebrücken sind nur zu vermeiden bzw. zu reduzieren, wenn im Entwurfsprozess konstruktive Wärmebrücken als Entwurfsprinzip minimiert werden und die Umsetzung auf der Baustelle kontrolliert wird.

#Geometrische Wärmebrücken
Geometrische Wärmebrücken lassen sich nicht vollständig vermeiden, können aber durch klug konstruierte und entsprechend angeordnete Bauteile in ihrer Wirkung gemindert werden. So stellt jede Außenecke eines Gebäudes eine geometrische Wärmebrücke dar, weil die innere Wandoberfläche kleiner ist als die zugehörige Außenfläche. Die Wirkung dieser Wärmebrücke kann aber durch eine starke, außen angeordnete Dämmschicht weitgehend kompensiert werden.

Nimmt eine Wärmebrücke eine große Fläche ein, besteht sie aus sehr gut Wärme leitendem Material oder sind gar mehrere Wärmebrücken beteiligt, kann viel Wärme rasch verschwinden. In Wohnräumen mit solchen Wärmebrücken kann es unbehaglich kühl werden, trotz Wärme abgebender Heizung. Das Bauschadensrisiko ist in diesem Fall durch mögliche Schimmel- und Kondenswasserbildung meist sehr hoch. Für Neubau und Modernisierung ergibt sich daraus die wichtige Aufgabe, Anzahl und Bedeutung von Wärmebrücken auf ein Minimum zu reduzieren.

Wärmebrücken zu minimieren ist keine leichte Disziplin und keineswegs eine Selbstverständlichkeit, wie zahlreiche Baumängel immer wieder zeigen. Aber es ist schon mit ein wenig Hintergrundwissen möglich, Wärmebrücken weitgehend zu vermeiden. Übrigens: Sichtbar gemacht werden Wärmebrücken auf eine einfache Art und Weise mittels einer Thermografiekamera.

Ein Beispiel welches vor mir steht: Der Tee wird in der Tasse sehr langsam kalt, weil er seine Wärme wegen der Doppelwandigkeit nur ganz allmählich abgibt. In diesem Fall funktioniert die umgebende Luft des inneren Gefässes wie eine wärmegedämmte "Thermos-Tasse". Irgendwann ist es aber vorbei und der Tee ist kalt, die Umgebung aber hat sich unmerklich etwas erwärmt.
#Wärmebrücken schon bei der Planung minimieren
Für einen Neubau fängt die Vermeidung von Wärmebrücken bereits mit der Planung der Fundamentierung bzw. der Auswahl der Bodenplatte an. Kann die Last des Gebäudes von einem Dämmstoff abgetragen werden? In den meisten Fällen ist dies möglich (siehe Informationen zur Bodenplatte). Kann für die Außenwand eine Konstruktion so gestaltet werden, dass von vornherein die Anzahl der möglichen Wärmebrücken minimiert wird? Bei einer Außenwand ist eine einfache und wirksame Möglichkeit durch eine zusätzliche Außendämmung gegeben (siehe Informationen zum Wärmedämmverbundsystem).
Der planende Architekt bzw. Bauingenieur sollte in der Detailplanung auf wärmebrückenarmes Konstruieren Wert legen. Bei einem gut wärmegedämmten Gebäude, geplant nach den Vorschriften des Gebäudeenergiegesetzes, spielen Wärmebrücken auch quantitativ eine große Rolle. Deshalb fordert der Gesetzgeber eine Berücksichtigung von Wärmebrücken mindestens mit pauschalen Werten. Der Bauherr ist aber gut beraten, wenn er statt dessen eine detaillierte Wärmebrückenberechnung mit Optimierung vom Planer verlangt. Ebenso wichtig ist die Konstruktion von wärmebrückenarmen Details, damit die Ausführenden auf der Baustelle wissen, was sie zu tun und zu lassen haben.

Auch bei einer Modernisierung lassen sich neue Wärmebrücken vermeiden und vorhandene kompensieren. So wird die Wärmebrücke im Laibungsbereich von Fenstern und Türen dadurch beseitigt, in dem erst die Laibung gedämmt wird und dann Fenster und Türen getauscht werden. Oder Fenster und Türen werden bei Ersatz außen mauerwerksbündig eingesetzt, damit die anschließende Wärmedämmung von außen bis auf die Rahmen gezogen werden kann.
#Mein Fazit
- Mein Tee ist durch die Wahl des doppelwandigen Glases (Prinzip Thermoskanne), während ich dies hier schrieb, schön heiß geblieben.
- Streng genommen ist jedes reale Bauteil eine Wärmebrücke mit bestimmten Ausmaßen, deren Wärmetransport nur durch verbesserte Wärmedämmung reduziert werden kann.
- Ein wichtiger Parameter der Planung ist die sichere Einhaltung eine bestimmten Oberflächentemperatur im Wohnraum.
- Die am Bau meist zahlreich vorhandenen Wärmebrücken können die Behaglichkeit beeinträchtigen und den Heizwärmeverbrauch erhöhen.
- Viele Wärmebrücken entstehen aus Unachtsamkeit und lassen sich vermeiden.
- Die Vermeidung von Wärmebrücken fängt in der Planungsphase an. Lassen sich Wärmebrücken nicht vollständig vermeiden, müssen ihre Auswirkungen durch geeignete Maßnahmen reduziert werden, z.B. durch zusätzliche Dämmung.
- Auf der Baustelle können Wärmebrücken nur durch Detailzeichnungen und Kontrolle der Ausführung vermieden werden.
- Eine Reduzierung von Wärmebrücken verbessert die Energieeffizienz, schützt die Bausubstanz und sorgt für ein angenehmeres Wohnklima.