Heiztechnik gegen Kaltluftfall
Wie mit Heiztechnik gegen Kaltluftfall und Strahlungswärmeentzug vorgegangen wird, um optimale Behaglichkeit zu schaffen.
Die bedeutenden Störfaktoren optimaler Behaglichkeit, Kaltluftfall und Strahlungswärmeentzug können mit Mitteln der Heiztechnik teilweise kompensiert werden. Dabei ist es ausgesprochen hilfreich, wenn die Möglichkeiten, Bauteile auf ein hohes Dämm-Niveau zu bringen, technisch ausgeschöpft werden.

#Wie funktionieren Heizkörper?
Heizkörper erwärmen den Raum über Konvektion und Wärmestrahlung. Bei der Konvektion kommt es zur Lufterwärmung an der inneren und äußeren Oberfläche des warmen Heizkörpers, wodurch die Luft leichter wird und nach oben steigt. Dieser Auftrieb führt zur "Ansaugung" von kühlerer Raumluft im unteren Bereich des Heizkörpers und kann unangenehmen Zug hervorrufen. Je mehr wärmetauschende Fläche am Heizkörper zur Verfügung steht und umso höher die Heizkörpertemperatur ist, desto größer ist die Konvektionsleistung. Die wärmetauschende Fläche kann bei Plattenheizkörpern zur Steigerung der Konvektionsleistung vergrößert werden, in dem auf der Rückseite der Platten ein oder mehrere zusätzliche, senkrecht angeordnete Konvektionsbleche aufgeschweißt werden. Wärmeführende Rohrleitungen können mit ringförmig angeordneten Blechen (Rippenrohr) oder ähnlichen Konstruktionen zu einer höheren Konvektionsleistung gebracht werden. Solche Konstruktion werden bei Randleistenheizungen eingesetzt.
Gegenstände, die Hüllflächen des Raumes und die sich aufhaltenden Personen profitieren von der Wärmestrahlung. Sie geht von der sichtbaren, warmen Oberfläche des Heizkörpers aus und ist eine gerichtete Größe. Man kann sich also der Wärmestrahlung entziehen, in dem z.B. ein Schirm in Richtung der Wärmequelle aufgespannt wird. Der Anteil der Strahlungsleistung steigt mit kleiner werdender wärmetauschender Oberfläche des Heizkörpers, was gleichzeitig zur Verringerung der Konvektionsleistung führt. Die Strahlungsleistung kann erhöht werden, indem im Gedankenexperiment zwei Platten zu einem längeren Heizkörper aufgefaltet werden und dabei auch die Konvektionsbleche wegfallen. Die Höhe der abgegebenen Strahlungsleistung ist abhängig von der Ansichtsfläche des Heizkörpers und seiner Temperatur. Aus Behaglichkeitsgründen und zur Vermeidung von Staubverschwelung ist man an der Einhaltung einer nur milden Oberflächentemperatur von 40 bis 55 °C interessiert. Diese Temperatur ist auch ein Kriterium für einen wirtschaftlichen Betrieb von Wärmepumpen und Brennwertgeräten.
Die Regelung der Wärmeabgabe von Heizkörpern erfolgt mit analogen oder digitalen Thermostatventilen, die in den Durchfluss von Heizungswasser eingreifen. Thermostatventile reagieren nur auf die Temperatur der umgebenden Raumluft. Die Strahlungsleistung können Thermostatventile nicht erfassen. Ist die voreingestellte Temperatur erreicht (z.B. 20 °C in Stufe III) wird der Durchfluss von Heizungswasser gedrosselt oder ganz unterbrochen. Unterbricht das Ventil den Durchfluss vollständig, ist dies ein Zeichen dafür, dass die Heizungsanlage nicht hydraulisch abgeglichen ist und die Vorlauftemperatur (zu hoch) nicht dem aktuellen Heizwärmebedarf des Raumes entspricht.
#Wie funktioniert die Fußbodenheizung?
Werden Räume durch eine Fußbodenheizung beheizt, übernimmt der Estrich die Beheizung des Raumes. Dazu sind im Heizestrich Rohrleitungen untergebracht, die von warmem Heizungswasser durchflossen werden und ihn so erwärmen. Die Fußbodenheizung gibt einen hohen Anteil Strahlungswärme ab, die Konvektionsleistung ist gering. Räume mit schwacher Wärmedämmung, die eine hohe Wärmeleistung benötigen, verlangen daher Oberflächentemperaturen von zum Teil deutlich mehr als 25 °C. Dies ist unter Behaglichkeitsgesichtspunkten ungünstig, weil dadurch die Wärmeabgabe der Füße gehemmt wird. Um im Fensterbereich eine etwas erhöhte Konvektionsleistung zu erzielen, kann lokal der Verlegabstand der Rohrleitung auf etwa 5 cm verringert werden, was die erhöhte Oberflächentemperatur lokal begrenzt.
Die Regelung der Fußbodenheizung erfolgt ebenfalls mit Thermostaten, die jedoch im Gegensatz zur Heizung mit Heizkörpern elektrische Signale an den Stellantrieb im Verteilerschrank senden. Wird die Soll-Temperatur erreicht, schickt bei einer einfachen Regelung der Thermostat "Aufhören" an den Stellantrieb. Dieser unterbricht den Durchfluss im Fußbodenheizkreis, wodurch die Wärmeabgabe des Heizungswassers an den Estrich langsam aufhört. Sinkt die Raumtemperatur wieder unter den eingestellten Sollwert, fordert der Thermostat erneut Wärme an, wodurch der Stellantrieb wieder öffnet und warmes Heizungswasser passieren lässt.
#Heizkörper gehören immer noch unter das Fenster

Heizkörper werden unter den Fenstern angebracht, das ist allgemein akzeptiert und Planungsstandard. Mit dem Aufkommen sehr gut gedämmter Dreifachverglasungen wird dieser Planungsstandard seit einigen Jahren nicht mehr so ernst genommen. Das ist nicht problematisch, sofern der Dämmstandard des Gebäudes ein hohes Niveau hat. Für ein Gebäude mit schwächerer Wärmedämmung, wo der U-Wert der Wand größer 0,3 W/m²K und der U-Wert Fenster größer 1,2 W/m²K ist, gehört aber der Heizkörper aus Behaglichkeitsgründen unbedingt unter das Fenster.
Von einem Heizkörper steigt, wie wir weiter oben gesehen haben, Warmluft nach oben (Konvektion). Ist dieser Heizkörper unter dem Fenster angebracht, stellt sich die aufsteigende Warmluft der sich an der kalten Scheibe des Fensters abkühlenden und nach unten fallenden Raumluft in den Weg.

Ist nun der Luftstrom warmer Luft nach oben etwa gleich dem Luftstrom der nach unten fallenden Kaltluft, entsteht ein Gleichgewicht. Es kommt nicht mehr genug kalte Luft am Boden an, um einen kühlen Luftstrom in den Raum hinein in Gang zu setzen. Das ist zwar eine stark vereinfachte Darstellung, aber im Grunde ist es so. Damit der Auftrieb optimal funktioniert, muss der Heizkörper mindestens so breit sein wie das Fenster.
Das gilt sinngemäß auch für Fußbodenheizungen. Hier muss durch eine engere Verlegung der Heizungsrohre im Randbereich des Fußbodens zur Außenwand bzw. zu den Fenstern, wie im Wärmebild ersichtlich, die Temperatur aber erhöht sein.

In einer weniger gut gedämmten Wohnung mit Heizkörpern wird es noch behaglicher, wenn besonders großflächige, langgestreckte Heizkörper die gesamte Außenwandlänge bedecken. Denn eine schwach gedämmte Außenwand verursacht einen mindestens ähnlich bedeutsamen Kaltluftfall wie Fenster. Immerhin haben Außenwände vieler älterer Häuser nur einen U-Wert von 1,2 bis 1,6 W/m²K. Diese Werte liegen sogar über dem U-Wert moderner Fenster mit Dreifachverglasungen, die einschließlich Rahmen 0,8 bis 1,2 W/m²K erreichen.

#Großflächige Heizkörper erhöhen die Strahlungsleistung
Gleichzeitig wird mit großflächigen konvektionsärmeren Heizkörpern dem Strahlungswärmeentzug des menschlichen Körpers durch kühlere Fenster- und Außenwandflächen entgegengewirkt. Werden die Heizkörper mit einer Heizwassertemperatur ab ca. 40°C betrieben, senden diese sogar aktiv Wärmestrahlung in Richtung des Menschen aus. Das ist aber gar nicht immer erwünscht, denn in der Hauptsache muss die Fläche einfach nur etwas wärmer sein als z.B. die kalte Wand.
Damit die Heizkörper über längere Zeit eine solch milde Strahlungswärme abgeben, ist ein hydraulischer Abgleich der Heizungsanlage zu empfehlen. Nach einem solchen Abgleich kann die Vorlauftemperatur des Heizungssystem meist so weit reduziert werden, dass die Heizkörper mit niedrigerer Temperatur länger am Stück "durchlaufen".
Ausführlich: Hydraulischer Abgleich

Der Aufgabe milde Strahlungswärme bereit zu stellen sind einlagige, flache Plattenheizkörper mit großer Ansichtsfläche am besten gewachsen. Heizkörper in dieser Bauform sind in der Anschaffung etwas teurer. Sie werden, weil weniger nachgefragt, dennoch zu selten vom Installateur angeboten und eingesetzt (sind aber verfügbar!).
Der Einbau besonders langer Heizkörper verringert in kritischen Bereichen oberflächliche Durchfeuchtungen in kalten Raumecken (z.B. neben einem Wohnzimmerschrank) und eventuelles Schimmelpilzwachstum.
Eine weitere Möglichkeit der Beheizung einer ganzen Außenwandbreite bieten Randheizleisten die jedoch eine sehr gute Wärmedämmung der Außenwand voraussetzen und nicht für eine niedrige Vorlauftemperatur geeignet sind.
Ausführlich: Hinweise zur Heizkörperauswahl
#Wärmestrahlung ist eine gerichtete Größe

Wärmestrahlung ist eine gerichtete Größe. Wie das Licht, kann die Wärmestrahlung nur wirken, wenn keine Gegenstände wie Schränke, Möbel, Vorhänge usw. die strahlende Fläche abdecken. So halten wir bsw. die Hand oder einen Gegenstand zwischen uns und eine Strahlungsquelle, um uns vor zu intensiver Strahlung zu schützen (Sonne, intensives Lagerfeuer). Die milde Wärmestrahlung eines nicht zu heißen Heizkörpers möchten wir dagegen vollständig an uns heran lassen und genießen. Verzichten Sie daher auf lange, dichte Gardinen vor den Heizkörpern und auf Heizkörperverkleidungen! Lassen Sie Vorhänge in Höhe der Oberkante der Heizköper enden. Stellen Sie die Möbel so, dass die Strahlungsleistung der Heizkörper kaum unterdrückt wird.

#Kaltluftfall bei Glaserkern und Wintergärten verringern
Kaltluftfall und Strahlungswärmeentzug sind insbesondere bei Glaserkern oder beheizten Wintergärten (ausführlich Wintergärten) zu beachten. Vor solchen Glasflächen kann es in Sitzecken bei niedrigen Außentemperaturen und ohne Sonneneinstrahlung sehr unbehaglich werden. Es sei denn
- der durch die kälteren Glasoberflächen hervorgerufene Strahlungswärmeentzug des Körpers und
- der Kaltluftfall durch aufsteigende Warmluft
werden aufgehoben bzw. durch entsprechende Heizkörper kompensiert.

Großflächige Heizkörper können da helfen, müssen aber vor den Glasflächen angeordnet sein. Doch solche Heizkörper behindern dann den Durchblick und führen zu erhöhter Wärmeabgabe durch die Verglasung. Vor Glasflächen angeordnete Heizkörper müssen daher mit einer Wärmedämmung gegenüber der Glasfläche ausgestattet sein. Da kann gleich eine sehr gut gedämmte Brüstung mit davor angeordneten Heizkörpern geplant werden.
Auch könnte der Einsatz von so genannten Unterflurkonvektoren in Erwägung gezogen werden. Sie werden vor den Glasflächen im Fußboden eingelassen. Wie in Schwimmbädern üblich, werden die Glasflächen durch ein integriertes Gebläse mit warmer Luft angeblasen. Gebläseunterstützte Konvektoren jedoch sind teuer, rufen Geräusche hervor und verwirbeln den Staub.
Ist die Glasqualität dagegen wärmetechnisch sehr gut, können recht hohe Oberflächentemperaturen auf der inneren Glasseite erreicht werden (etwa 17°C bei 20 °C Raumlufttemperatur). U-Werte um 0,5 (Dreifachverglasung) sind heute möglich. Im preisgünstigen Bauträgerhaus sind solche Glasqualitäten jedoch auch heute noch nicht durchgängig anzutreffen.
Eine hohe Behaglichkeit kann sich im glastechnisch optimierte Wintergarten auch durch eine gut geplante Fußbodenheizung einstellen. Dazu müssen die Rohre im Randbereich des Wintergartens in einem geringeren Verlegabstand verlegt werden, so z.B. statt 15 cm also 5-10cm oder weniger. Dadurch erhöht sich die Oberflächentemperatur im Randbereich, was eine höhere Strahlungsleistung nach oben und eine etwas erhöhte Konvektion vor der Verglasung zur Folge hat.
Sowohl großflächige Heizkörper, Konvektoren oder die gut geplante Fußbodenheizung können die Behaglichkeit im beheizten Wintergarten verbessern oder überhaupt erst ermöglich. Alle Lösungen verursachen jedoch recht hohe Energieverluste und damit erhöhte Heizkosten. Bei großflächigen Verglasungen wird es nicht nur ein Behaglichkeitsproblem im Winter geben. Die Sonneneinstrahlung im Sommer, auch die diffuse Einstrahlung, kann – bei geringer Baumasse und ohne geeignete Verschattungseinrichtungen, zu untragbarer „Überhitzung“ der Räume führen.
#Mein Fazit
- Wärmende Behaglichkeit kann von Heiztechnik nur ausgehen,
- wenn sie die gewünschte Lufttemperatur ermöglicht,
- den Kaltluftfall vollständig kompensiert und
- einen hohen Anteil Strahlungswärme in den Raum abgibt.
- Heizkörper gehören unter das Fenster und sollten so breit wie die Außenwand sein. Dafür können sie flacher (einplattig) ausgeführt werden.
- Ein hydraulischer Abgleich ist vorzunehmen, um nur mild strahlende Heizkörper zu ermöglichen.
- Die Vorlauftemperatur sollte so niedrig wie möglich eingestellt sein.
- Eine behagliche Wärmeumgebung lässt sich auch im beheizten Wintergarten erzielen, wenn die wärmetechnische Qualität der Verglasung hochwertig ist.
#Fragen und Antworten zum Kaltluftfall
Frage: Ich fühle mich in meiner Wohnung (über zwei Etagen) im Winter nicht wohl. Kann es an Luftströmungen liegen?
Antwort: In Wohnungen über zwei Etagen können oftmals intensive vertikale Luftströmungen beobachtet werden, die die empfundene Behaglichkeit negativ beeinflussen. Ursache ist hier weniger der Luftwechsel im Sinne des Luftaustausches (frische Luft gegen gebrauchte), sondern die Thermik. Sie stellt sich - mit unangenehmen Zugerscheinungen verbunden - im Winter ein, wenn sich erwärmte Raumluft an Außenwand- oder Fensterflächen abkühlen kann. Dadurch wird die Luft schwerer, sinkt über den Zugang zur zweiten Etage nach unten und wird durch Erwärmung an Heizköpern wieder nach oben geleitet. Besonders intensiv ist dieser Vorgang bei großen, manchmal auch über zwei Etagen reichenden Fensterflächen zu beobachten. Es entstehen an kritischen Orten Luftgeschwindigkeiten oberhalb von 0,2m/s bis 0,3m/s, die von einigen Personen als äußerst unangenehm empfunden werden.
Neben einer sich einstellenden Luftbewegung infolge Thermik durch Temperaturunterschied entstehen Luftströmungen auch durch das Entweichen von Raumluft über Luftleckagen. Dieser Vorgang ist in allen Wohnungen mit mehr als einer Etage, also auch in den meisten Einfamilienhäusern zu beobachten, bei denen die Luftdichtheit im Dachgeschoss mangelhaft ausgeführt wurde. Die Nachströmung kühlerer Luft geschieht über Einströmmöglichkeiten im Unterdruckgebiet (erste Etage bzw. Keller).
Ebenso ungünstig auf die Behaglichkeit können sich Luftbewegungen auswirken, die von Be- und Entlüftungsanlagen ausgehen. Bei mangelhafter Planung können sich Luftströmungen oberhalb der kritischen Luftgeschwindigkeit einstellen, besonders wenn es sich um den Zustrom kühlerer Außenluft bei Anlagen ohne Wärmerückgewinnung bzw. ohne Erwärmung der Zuluft handelt.