Optimale thermische Behaglichkeit
Faktoren, die die optimale thermische Behaglichkeit beeinflussen, über ihr Zusammenwirken und welche Grenzwerte einzuhalten sind.

Wer sich wohlfühlt, befindet sich im Gleichgewicht mit den Umgebungsbedingungen. Dann
- ist es nicht zu kalt und nicht zu warm;
- zieht es nicht (oder der Luftstrom hat eine angenehme Temperatur);
- schwitzt oder fröstelt man nicht;
- spürt man weder einen kälteren Gegenstand (Wand o.ä.) noch einen wärmeren durch Strahlung;
- sind berührte Oberflächen nicht zu kalt und nicht zu warm;
- fällt die Atmung leicht;
- ist es nicht schwül;
- hat man keine kalten Füße;
- strahlt die Sonne gerade richtig.
Die thermische Behaglichkeit wird aber natürlich auch davon beeinflusst ob der Mensch gesund oder krank ist und ob er sich in einem aktiven oder passiven Zustand befindet. Daneben spielt die Atmung und passende Bekleidung eine wichtige Rolle.
Ich konzentriere mich im Folgenden auf die von außen wirkenden, objektiven Faktoren und deren "Einstell"-Möglichkeiten.
#Alle Faktoren wirken gleichzeitig
Bereits geringe Abweichungen eines Faktors, z.B. der Raumlufttemperatur um ein Grad, können das empfundene thermische Gleichgewicht verbessern, aber auch durcheinander bringen und nach Korrektur verlangen. Von allen Faktoren spielt die Lufttemperatur wahrscheinlich die größte, aber nicht die alleinige Rolle. Wie wäre es sonst zu erklären, dass wir mal mit 17°C zufrieden sind, unter anderen Bedingungen zu einer anderen Zeit aber 25°C benötigen? Welche „anderen Bedingungen“ sind es, die auf unser Wohlgefühl Einfluss nehmen?
Dazu ist es hilfreich, sich die Faktoren in wechselnden Anteilen, aber immer gleichzeitig wirkend vorzustellen. Beachtet werden muss dabei, dass sich die Bedingungen gegenseitig beeinflussen können. So erwärmt warme Luft z.B. auch die Wände, den Boden oder Gegenstände. Es wäre daher unzureichend, optimale thermische Behaglichkeit nur an einer Größe, wie z. B. der Lufttemperatur, festzumachen – was aber leider allzu oft getan wird.
Die Änderung einer Größe kann auf eine oder mehrere andere Größen wirken und sie verstärken oder Schwächen. Schalten Sie beispielsweise bei hohen Lufttemperaturen einen Ventilator ein, verstärkt sich die Luftbewegung und sie empfinden Abkühlung - ihre Behaglichkeit steigt. Bei niedrigerer Lufttemperatur kann die gleiche Luftbewegung eines Ventilators oder schon ein wesentlich leichterer Luftzug aber unbehaglich wirken.
So können einzelne Faktoren für optimale Behaglichkeit bedeutsamer werden, andere hingegen treten in den Hintergrund. Trotzdem gibt es natürlich einige allgemeingültige Orientierungs- bzw. einzuhaltende Grenzwerte.
#Die Höhe der Temperatur der Raumluft
Die meisten Menschen akzeptieren eine Raumtemperatur von etwa 20°C. Für die Höhe der zu erreichenden Temperatur der Raumluft in Wohnräumen (Wohnstube, Kinderzimmer) werden bei der Planung von Heizungsanlagen daher auch 20°C angesetzt. In Bädern müssen 22°C erreicht werden, in Schlafräumen 18°. Heizgeräte und -körper müssen diese Temperaturen unter winterlichen Bedingungen in Wohnräumen im Minimum "bringen". Komfortzuschläge bis etwa 3 Grad sind möglich und können bsw. für Seniorenwohnanlagen bei der Planung berücksichtigt werden. Der Baukörper muss dafür die Voraussetzungen schaffen (Wärmedämmung).
- Standpunkt der Gerichte
- Unter rechtlichen Gesichtspunkten muss eine Heizungsanlage von 06.00 bis 24.00 Uhr Wärme abgeben, so dass in Wohnräumen wenigstens 20°C erreicht werden. Von einer abgesenkten Temperatur aus darf es höchstens eine Stunde dauern, bis diese 20 °C erreicht sind, urteilten in der Vergangenheit einzelne Gerichte. Als nächtliche Absenktemperatur sind 16°C zu akzeptieren.
Zur "richtigen" Raumtemperatur schreibt das Umweltbundesamt auf seiner Webseite:
Die richtige Raumtemperatur: Jedes Grad Raumtemperatur mehr verteuert die Heizkostenrechnung. Die Raumtemperatur sollte im Wohnbereich möglichst nicht mehr als 20 °C betragen, sofern die Temperatur als behaglich empfunden wird. Jedes Grad weniger spart Heizenergie. Unsere Empfehlung für andere Räume: in der Küche: 18 °C, im Schlafzimmer: 17 °C.
Interessant ist die Einschränkung in der Empfehlung "...sofern die Temperatur als behaglich empfunden wird". Sie weist darauf hin, dass man sich bei 20°C Lufttemperatur nicht immer wohlfühlen muss. Weitere objektive Faktoren können, wie wir wissen, eine Rolle spielen und die Behaglichkeit beeinflussen, wie z.B. die Luftgeschwindigkeit am Boden oder ein Kaltluftfall vor dem Fenster. Das sind aber Folgen mangelhafter Wärmedämmung, die bspw. ein Mieter in der Regel nicht beeinflussen kann.
Ältere und weniger aktive Menschen, so heisst es oft, bevorzugen höhere Temperaturen. Ältere Menschen wohnen aber auch meist in älteren Wohnungen und Häusern. Verlangen sie also tatsächlich höhere Lufttemperaturen oder kompensiert wärmere Luft eventuell eine oder mehrere andere Störgrößen? Selbst jüngere und aktive Menschen kommen mit einer Lufttemperatur von 20°C nicht klar, wenn u.a. Wände, Böden, Fenster wegen schlechter Wärmedämmung sehr niedrige Oberflächentemperaturen aufweisen.
#Die Höhe der Temperaturen auf den Umschließungsflächen
Sicher haben sie schon einmal erlebt, dass es einige Zeit dauert, bis sie sich, z.B. nach einem Winterurlaub zurückgekehrt, in den eigenen vier Wänden wieder wohlfühlen. Das ist meist darauf zurückzuführen, dass sich die Wärmespeichermasse des Wohnraum während ihrer Abwesenheit um einige Grad abgekühlt hat. Je nach Bauweise braucht die Baumasse nun mehrere Stunden bis Tage, bis die Heizungsanlage hier wieder genügend Wärme eingespeichert hat. Die Temperatur massiver Wände, Decke und Fußböden und damit deren Temperatur auf ihren Oberflächen steigt nur langsam. In dieser Zeit kommt es zu einer erhöhten Abstrahlung von Körperwärme in Richtung der kälteren Bauteile.
Gerne wird in einer solchen Situation von einem Kaminofen Gebrauch gemacht, der rasch sehr viel Strahlungswärme bereitstellt. Noch schneller gemütlich wird es, wenn der nette Nachbar schon ein, zwei Tage vorher den großen Berliner Kachelofen auf Temperatur gebracht hat.
Aus der Behaglichkeitsforschung ist der Zusammenhang zwischen der Lufttemperatur und der Temperatur der Umschließungsflächen bekannt und wird mit dem Begriff Empfindungstemperatur beschrieben. Danach stellt sich für die meisten Menschen eine behagliche Temperaturumgebung ein, wenn z.B. bei einer Raumlufttemperatur von 20°C die Oberflächentemperatur der Umschließungsflächen 17°C nicht unterschreitet.
Zu den Umschließungsflächen zählen in diesem Zusammenhang alle Wände eines Raumes, der Fußboden und die Geschossdecke ebenso wie Möbelstücke, Heizkörper und Fensterflächen. Alle Oberflächentemperaturen werden gemäß ihres Flächenanteils der mittleren Oberflächentemperatur der raumumschließenden Flächen zugerechnet. Für die Beurteilung einer Situation in der Praxis ist es aber vollkommen ausreichend, sich mit den Oberflächentemperaturen der kritischen Bereichen zu beschäftigen, also der Außenwandoberfläche (besonders die Ecken), Fenster, Fußboden und Decke.

In der Grafik habe ich meine "Behaglichkeitskurve" für den Winter dargestellt. Es wird ersichtlich, dass bei niedrigen Wandoberflächentemperaturen unter 17°C die Raumlufttemperatur über 20°C liegen muss, damit die Situation noch als angenehm empfunden wird. Bei Oberflächentemperaturen von nur 13°C oder noch weniger, die bei Minusgraden der Außenluft bei schwacher Dämmung der Wände und Fenster durchaus auftreten können, braucht es schon 25 °C Lufttemperatur. Liegt die Oberflächentemperatur dagegen bei etwa 18 °C, wird eine Lufttemperatur von ca. 18°C von einigen Personen schon als behaglich akzeptiert.
Kann das Ziel, dass die Oberflächentemperatur höchstens drei Grad unter der Raulufttemperatur liegt nicht erreicht werden, muss die Wärmedämmung der Hüllflächen verbessert werden. Ist auch dies nicht möglich, ist die Heiztechnik dahingehend anzupassen, dass flächenmäßig größere und längere Heizkörper mit hoher Strahlungsleistung eingesetzt werden.
ausführlich bei energytools.de:
- Heiztechnik gegen Kaltluftfall , Link: www.energytools.de/hausbau-und-erneuerung/behaglichkeit-und-bauphysik/heiztechnik-gegen-kaltluft
- Wärmegedämmte Außenwände , Link: www.energytools.de/hausbau-und-erneuerung/bauteile-und-konstruktionen/waermegedaemmte-aussenwaende
#Die Höhe der Luftfeuchtigkeit

Die Höhe der Luftfeuchtigkeit der Raumluft spielt für optimale thermische Behaglichkeit eine wichtige Rolle. Sie sollte im Winterhalbjahr 55% (relative Feuchte) nicht übersteigen. Nach unten kann die Luftfeuchtigkeit (durch häufiges Lüften) bis auf 35 % fallen, jedoch wird eine solch niedrige Luftfeuchtigkeit im Wohnraum in normalen Wintern kaum erreicht. Für die Beobachtung und Beeinflussung dieser Werte sollte in jedem Raum ein gut sichtbares digitales Hygrometer mit Alarmfunktion aufgestellt werden.
#Relative Luftfeuchtigkeit
Wenn an dieser Stelle von Luftfeuchte oder Luftfeuchtigkeit gesprochen wird, geht es um die Menge an Wasserdampf, die in der Atemluft enthaltenen ist. Diese Wasserdampfmenge wird als relative Luftfeuchtigkeit bezeichnet, oftmals wird sie einfach nur Luftfeuchte genannt.

ausführlich bei energytools.de: Zum Nutzen und der Anwendung von Hygrometern , Link: www.energytools.de/raumklima-und-frische-luft/luftqualitaet-und-luftwechselrate/boese-trockene-heizungsluft/hilfreiche-hygrometer?q=Hygrometer
Relativ ist der Feuchte- bzw. Wasserdampfgehalt deshalb, weil die Höhe der Feuchtigkeitsaufnahme der Luft von ihrer Temperatur abhängig ist. Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit, also Wasserdampf an sich binden als kalte Luft. Da in der Raumluft immer eine bestimmte Feuchtigkeitsmenge enthalten ist, interessiert uns, welche Wasserdampfmenge der Behaglichkeit noch zuträglich ist und wann die Alarmglocken ertönen sollten.
Von Bedeutung sind dabei folgende Sachverhalte:
ausführlich bei energytools.de: Relative und absolute Luftfeuchtigkeit , Link: www.energytools.de/raumklima-und-frische-luft/luftqualitaet-und-luftwechselrate/boese-trockene-heizungsluft/relative-und-absolute-luftfeuchtigkeit?q=relative
Ausführlich bei energytools.de: Relative und absolute Luftfeuchtigkeit , Link: www.energytools.de/raumklima-und-frische-luft/luftqualitaet-und-luftwechselrate/boese-trockene-heizungsluft/relative-und-absolute-luftfeuchtigkeit?q=relative
#Die maximale Luftgeschwindigkeit
Die Luft in einem Wohnraum befindet sich bei winterlichen äußeren Bedingungen meist in Bewegung. Durch Temperaturunterschiede im Raum entsteht Thermik, was an einem flackernden Kerzenlicht gut über dem Heizkörper beobachtet werden kann. Hinzu kommen Leckagen im Gebäude, die durch Thermik oder bei Winddruck von außerhalb Luft mit mehr oder weniger großer Geschwindigkeit ein- oder ausströmen lassen. So berichten viele Ratsuchende von Steckdosen, aus denen es zieht, oder von Zugerscheinungen bei Vorwandinstallationen im Bad (WC-Druckplatte). Ein Arbeitsplatz vor einem großen Fenster kann wegen der Fallluft äußerst unangenehm sein. Die Schultern spüren herabfallende kalte Luft, wenn das Sofa vor der ungedämmten Außenwand steht. Von kalten Füßen berichten Bewohner älterer Häuser fast immer.

Die Temperatur bewegter Luft darf nicht oder nur wenig unter der Raumlufttemperatur liegen, wenn es sich um beheizte Räume im Winterhalbjahr handelt. Die Geschwindigkeit dieser Luft sollte nach meiner Erfahrung für die meisten Menschen einen Wert von 0,15 m/sec nicht überschreiten, wenn die Lufttemperatur bei etwa 20°C liegt. Bei höherer Temperatur darf es etwas mehr sein.
Um unbehagliche Luftströmungen im beheizten Wohnraum klein zu halten, sollten
- Heizkörper möglichst langgestreckt sein und mit niedriger Heizwassertemperatur betrieben werden. Kurze Kompakte Heizkörper verlangen dagegen häufig hohe Vorlauftemperaturen, die eine unerwünscht hohe Konvektionsleistung verursachen. Fußboden- und Wandheizungen sind meist im Vorteil.
- Die Wärmedämmung der Außenwände und Fenster sollte so gut sein, dass bei etwa 20 °C Raumtemperatur die Oberflächentemperaturen auch in den Ecken bei mindestens 17 °C liegen.
- Fenster sollten nicht zu hoch oder müssen von ausgezeichneter Dämmqualität (U-Wert kleiner gleich 0,5 W/m²K), bodennahe Fenster von Heizkörpern flankiert sein.
- Die Luftdichtheit sollte hoch und durch eine Luftdichtheitsmessung überprüft worden sein.
- Zuluftventile von Lüftungsanlagen, die keine vorgewärmte Luft transportieren, dürfen die Luft nicht in Richtung sitzender Bewohner auswerfen.
#Die zustrahlende Sonne
Sonnenstrahlung dürfte im Winter für die meisten von uns als angenehm registriert werden. Da die Sonne im Winter nur eine geringe Strahlungsleistung anbietet, besteht kaum die Gefahr einer Überhitzung der Wohnräume - vor allem wenn es sich um massive Gebäude mit geringer Wärmedämmung handelt. Anders ist die Situation dagegen in Häusern mit sehr guter Wärmdämmung und großen Fensterflächen. Hier besteht auch im Winter wegen des geringen Wärmebedarfes des Gebäudes die Gefahr einer Überhitzung, die nur durch Verschattung und eine rasch regelnde trägheitsarme Heizung ausgeglichen werden kann.
Natürlich stellt sich die Situation im Sommerhalbjahr ganz anders dar. In dieser Jahreszeit haben viele Hausbesitzer mit Überhitzungsproblemen zu kämpfen. Besonders ungünstige Verhältnisse stellen sich in ausgebauten Dachgeschossen ein, die große unverschattete Fensterflächen haben (z.B. Dachflächenfenster in Südlage) und deren Wärmedämmung zu gering ist. Nachteilig wirkt sich hier auch eine geringe wärmespeichernde Masse aus. Dazu aber mehr im Abschnitt "Natürliche Klimatisierung", Link: www.energytools.de/hausbau-und-erneuerung/behaglichkeit-und-bauphysik/klimatisierung
#Mein Fazit
- 20 °C können als behaglich empfunden werden, sofern die Oberflächentemperaturen der Hüllflächen im Winter (Wände, Fenster, Decken Fußböden) mindestens 17 °C erreichen.
- Durch wärmedämmende Maßnahmen (Außen-, Innendämmung, 3-Scheiben-Verglasung u.v.a.m.) lässt sich die innere Oberflächentemperatur auf 17 °C und mehr anheben.
- Liegen die Oberflächentemperaturen im Winter unterhalb von 17°C (was im ungedämmten Altbau normal ist), möchten die meisten Menschen die Raumlufttemperatur anheben.
- Die Luftfeuchtigkeit wird von den meisten als behaglich empfunden, wenn sie in einem Bereich zwischen 35% bis 55% liegt. Dieser Bereich ist auch einzuhalten, um Bauschäden durch Feuchtigkeit zu verhindern.
- Eine Strömungsgeschwindigkeit der Luft über 0,15 m/sec empfinden die meisten Menschen als unbehaglichen Zug.
- Die ungebremste Zustrahlung von Solarenergie ist oftmals unangenehm. Eine mögliche Lösung sind außen angebrachte Jalousien, Fensterläden oder Raffstores.