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Optimale thermische Behaglichkeit

Faktoren, die die optimale thermische Behaglichkeit beeinflussen, über ihr Zusammenwirken und welche Grenzwerte einzuhalten sind.

Wer sich wohlfühlt, befindet sich im Gleichgewicht mit den Umgebungsbedingungen. Dann

  • ist es nicht zu kalt und nicht zu warm;
  • zieht es nicht oder der Wind hat eine angenehme Temperatur;
  • schwitzt oder fröstelt man nicht;
  • spürt man weder einen kälteren Gegenstand (Wand o.ä.) noch einen wärmeren durch Strahlung
  • fällt die Atmung leicht;
  • und strahlt die Sonne gerade richtig.
Darstellung der auf den Menschen einwirkenden Umgebungsbedingungen
Zu akzeptierende Umgebungsbedingungen, Abb.: Impulsprogramm Hessen

In der Grafik wird auf 5 objektive Faktoren hingewiesen, die die thermische Behaglichkeit von außen beeinflussen. Es sind dies die

  • Temperatur der Raumluft;
  • Wärmezu- bzw. Wärmeabstrahlung durch Wände, Decken, Fußböden, Fenster, Mobiliar, Heizkörper u.a., die durch die Oberflächentemperatur dieser Umschließungsflächen im Verhältnis zur Oberflächentemperatur des Menschen entsteht;
  • Höhe der Luftfeuchtigkeit der Raumluft;
  • Stärke der Luftbewegung (Strömungsgeschwindigkeit der Raumluft) sowie
  • Zustrahlung von solarer Energie durch die Fenster.

Die thermische Behaglichkeit wird aber auch von innen beeinflusst. Es ist von Bedeutung, ob der Mensch gesund oder krank ist, und ob er sich in einem aktiven oder passiven Zustand befindet. Daneben spielt die Atmung und passende Bekleidung eine wichtige Rolle.

Ich konzentriere mich im Folgenden auf die objektiven, von außen wirkenden Faktoren und deren "Einstell"-Möglichkeiten.

#Alle Faktoren wirken gleichzeitig

Bereits geringe Abweichungen eines Faktors, z.B. der Raumlufttemperatur um ein Grad, können das empfundene thermische Gleichgewicht verbessern, aber auch durcheinander bringen und verlangen nach Korrektur. Von allen Faktoren spielt die Lufttemperatur die größte, aber nicht die alleinige Rolle. Wie wäre es sonst zu erklären, dass wir mal mit 17°C zufrieden sind, unter anderen Bedingungen zu einer anderen Zeit aber 25°C benötigen? Welche „anderen Bedingungen“ sind es, die auf unser Wohlgefühl Einfluss nehmen?

Für das Verständnis der Zusammenhänge ist es hilfreich, sich die Faktoren mit wechselnden Anteilen, aber immer gleichzeitig wirkend vorzustellen. Beachtet werden muss, dass sich die Bedingungen gegenseitig beeinflussen können. Deshalb wäre es unzureichend, optimale thermische Behaglichkeit nur an einer Größe, wie z. B. der Höhe der Lufttemperatur, festzumachen – was aber leider allzu oft getan wird.

Die Änderung einer Größe kann auf eine oder mehrere andere Größen wirken. Schalten Sie beispielsweise bei hohen Lufttemperaturen einen Ventilator ein, verstärkt sich die Luftbewegung und sie empfinden Abkühlung - ihre Behaglichkeit steigt. Bei niedrigerer Lufttemperatur kann die gleiche Luftbewegung eines Ventilators oder auch ein wesentlich leichterer Luftzug aber unbehaglich wirken.

So können einzelne Faktoren für optimale Behaglichkeit bedeutsamer werden, andere hingegen treten in den Hintergrund. Trotzdem gibt es natürlich einige allgemeingültige Orientierungs- bzw. einzuhaltende Grenzwerte.

#Allgemeingültige Orientierungs- und Grenzwerte

#Die Höhe der Temperatur der Raumluft

Für die Höhe der Temperatur der Raumluft in Wohnräumen werden in der Bauplanung 20°C angesetzt. Heizungen, Klimaanlagen und Lüftungsanlagen müssen diese Temperatur unter winterlichen Bedingungen in Wohnräumen "bringen". Der Baukörper muss dafür die Voraussetzungen schaffen (Wärmedämmung).

Zur "richtigen" Raumtemperatur schreibt das Umweltbundesamt auf seiner Webseite:

Die richtige Raumtemperatur: Jedes Grad Raumtemperatur mehr verteuert die Heizkostenrechnung. Die Raumtemperatur sollte im Wohnbereich möglichst nicht mehr als 20 °C betragen, sofern die Temperatur als behaglich empfunden wird. Jedes Grad weniger spart Heizenergie. Unsere Empfehlung für andere Räume: in der Küche: 18 °C, im Schlafzimmer: 17 °C.

Interessant ist die Einschränkung in der Empfehlung "...sofern die Temperatur als behaglich empfunden wird". Die Einschränkung macht deutlich, dass man sich bei 20°C Lufttemperatur nicht automatisch wohl fühlen muss. Andere Faktoren spielen eine Rolle, wie z.B. die Oberflächentemperatur der Wände, Fenster usw. , die ein Mieter nicht beeinflussen kann. Viele ältere und weniger aktive Menschen bevorzugen eine etwas höhere Temperatur, die mit Hilfe des Thermostatventiles in der Regel auch eingestellt und abgerufen werden kann. Aber auch jüngere und aktivere Menschen werden mit einer Lufttemperatur von 20°C nicht klar kommen, wenn Wände, Böden, Fenster wegen schlechter Wärmedämmung sehr niedrige Oberflächentemperaturen haben.

#Die Höhe der Oberflächentemperaturen der Umschließungsflächen

Darstellung des "Angenehmbereiches" in Abhängigkeit der Luft- und der Wandtemperatur
Akzeptierte Lufttemperaturen bei gegebener Temperatur der Wandoberfläche

Aus der Behaglichkeitsforschung ist der Zusammenhang zwischen der Lufttemperatur und der Temperatur der Wandoberfläche bekannt. In folgender Grafik ist der "Angenehm"-Bereich dargestellt. Es wird vor allem ersichtlich, dass bei niedrigen Wandoberflächentemperaturen unter etwa 17°C die Raumlufttemperatur über 20°C liegen muss, damit die Situation noch als angenehm empfunden wird. Bei Oberflächentemperaturen von etwa 13°C, die bei Minusgraden im Winter bei schwacher Dämmung der Wände und Fenster auftreten können, braucht es schon 25 °C Lufttemperatur. Ziel muss es also sein, die Oberflächentemperatur soweit zu erhöhen, dass sie höchstens etwa drei Grad unter der Raulufttemperatur liegt. Kann dies nicht erreicht werden, muss die Wärmedämmung der Hüllflächen verbessert werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Heiztechnik anzupassen, indem flächenmäßig größere und längere Heizkörper eingesetzt werden.

Prinzip hoher thermischer Behaglichkeit durch hohe Oberflächentemperatur der Wand
Hohe thermische Behaglichkeit durch eine Wärmedämmung, die die Oberflächentemperatur auf 19°C anhebt

#Die Höhe der Luftfeuchtigkeit

Foto eines offenen Fensters, bei dem sich Kondensat auf der Außenseite der Scheibe bildet
Hohe Luftfeuchtigkeit der Raumluft schlägt sich beim Öffnen der Fenster auf der Außenseite nieder

Die Höhe der Luftfeuchtigkeit der Raumluft spielt für optimale thermische Behaglichkeit eine wichtige Rolle. Sie sollte im Winterhalbjahr 55% (relative Feuchte) nicht übersteigen. Nach unten kann die Luftfeuchtigkeit (durch häufiges Lüften) bis auf 35 % fallen, jedoch wird eine solch niedrige Luftfeuchtigkeit im Wohnraum in normalen Wintern kaum erreicht. Für die Beobachtung und Beeinflussung dieser Werte sollte in jedem Raum ein gut sichtbares digitales Hygrometer mit Alarmfunktion aufgestellt werden.

Foto eines digitalen Hygrometers mit einstellbarer Alarmfunktion (Lüftung ist notwendig))
Hygrometer mit Alarmfunktion

Ausführlich: Zum Nutzen und der Anwendung von Hygrometern

#Relative Luftfeuchtigkeit

Wenn an dieser Stelle von Luftfeuchte oder Luftfeuchtigkeit gesprochen wird, geht es um den in der Atemluft enthaltenen Wasserdampf. Diese Wasserdampfmenge wird auch als relative Luftfeuchtigkeit bezeichnet. Relativ ist der Feuchte- bzw. Wasserdampfgehalt deshalb, weil die Höhe der Feuchtigkeitsaufnahme der Luft von der Temperatur abhängig ist. Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit, also Wasserdampf, an sich binden als kalte Luft. Da in der Raumluft immer eine bestimmte Feuchtigkeitsmenge enthalten ist, interessiert uns, welche Höhe der Behaglichkeit noch zuträglich ist und wann die Alarmglocken ertönen sollten.

Ausführlich: Relative und absolute Luftfeuchtigkeit

Von Bedeutung sind dabei folgende Sachverhalte:

  • Zu hohe Werte der Raumluftfeuchtigkeit (> 55%) lassen den Körper rascher auskühlen, vergrößern den Wärmebedarf und steigern die Gefahr der Schimmelbildung
  • Raumluft mit hohem Feuchteanteil erwärmt sich langsamer als trockene Luft, gewünschte Temperaturänderungen dauern also länger.
  • Trifft feuchte warme Raumluft auf vergleichsweise kalte Oberflächen, kann in der Luft gebundene Wasserdampf ausgeschieden werden (Tauwasser), so dass diese Oberflächen beschlagen („Beschlagene Scheiben“).
  • Die meisten der in den Hüllflächen verwendeten Baustoffe, wie Tapeten, Putz, Ziegel können eine gewisse Menge kondensierende Feuchtigkeit ohne Probleme einlagern (Sorptionsfähigkeit) und in alle Richtungen weiter transportieren (Kapillarität). Die Baustoffe können aber auch so feucht werden, dass es zu feuchtebedingten Bauschäden kommt (Frostschäden, Schimmel).
  • Feuchtere Baustoffe leiten Wärme besser (im Winter nach außen), was zum Absinken der Oberflächentemperatur an der Innenseite führt – die Behaglichkeit leidet.
  • Die Körpertemperaturregelung und die Atmung fallen schwerer, weil bei hoher Luftfeuchtigkeit die Verdunstungsmöglichkeit über die Haut und den Atem eingeschränkt ist.

#Die maximale Luftgeschwindigkeit

Die Luft im Wohnraum befindet sich meist in Bewegung. Durch Temperaturunterschiede entsteht Thermik, was gut über dem Heizkörper beobachtet werden kann. Leckagen im Gebäude lassen bei Winddruck von außerhalb Luft passieren, die mit mehr oder weniger großer Geschwindigkeit durch den Raum strömt. So berichten viele Ratsuchende von Steckdosen, aus denen es zieht, oder von Zugerscheinungen bei Vorwandinstallationen im Bad (WC-Druckplatte). Ein Arbeitsplatz vor einem großen Fenster kann wegen der Fallluft äußerst unangenehm sein. Die Schultern spüren herabfallende kalte Luft, wenn das Sofa vor der ungedämmten Außenwand steht.

Die Temperatur bewegter Luft darf nicht unter der Raumlufttemperatur liegen, wenn es sich um beheizte Räume im Winterhalbjahr handelt. Die Geschwindigkeit dieser Luft sollte für die meisten Menschen einen Wert von 0,15 m/sec nicht überschreiten.

#Mein Fazit

  • Die Temperatur der Raumluft kann bei etwa 20 °C liegen, sofern die Oberflächentemperaturen der Hüllflächen (Wände, Fenster, Decken Fußböden) mindestens 17 °C betragen.
  • Liegen die Oberflächentemperaturen im Winter darunter (was im ungedämmten Altbau normal ist), muss die Raumlufttemperatur für die meisten Menschen angehoben werden, um eine behagliche Atmosphäre zu sichern.
  • Durch wärmedämmende Maßnahmen (Außen-, Innendämmung, 3-Scheiben-Verglasung u.v.a.m.) lässt sich die innere Oberflächentemperatur auf mindestens 17 °C anheben.
  • Die Luftfeuchtigkeit sollte in einem Bereich zwischen 35% bis 55% liegen.
  • Eine Strömungsgeschwindigkeit der Luft über 0,15 m/sec empfinden die meisten Menschen als unbehaglichen Zug.
  • Die ungebremste Zustrahlung von Solarenergie ist oftmals unangenehm. Eine mögliche Lösung sind außen angebrachte Jalousien oder Fensterläden.
Autor: now