Praxis: Hohe Heizkosten, Schimmelbefall

Auslösend für für eine Anfrage waren neben den hohen Heizkosten auch der beobachtete massive Schimmelpilzbefall.

Zu Ursachenermittlung habe ich Temperatur- und Luftfeuchtemessungen durchgeführt. Bei etwa 0°C bis -2°C Außentemperatur wurden im ungestörten Wandbereich (Mitte Außenwand) innere Wandoberflächentemperaturen von 13 bis 16°C gemessen. Die Raumlufttemperatur lag bei durchschnittlich ca. 20 °C. Im Eckbereich einer Giebelaußenwand nach Norden lagen die ermittelten Oberflächentemperaturen unter 10 °C mit einem Tiefstwert von 5,3 °C in einer unteren Ecke.

Der im Eckbereich beobachtete Schimmelbesatz zeigte das typische Bild eines Schimmelschaden, der durch Niederschlag von Kondenswasser auf einer Wärmebrücke verursacht wird. Er trat ausschließlich in den Gebäudeecken der Giebelaußenwand sowohl im Grenzbereich der unteren Geschossdecke als auch im Grenzbereich der oberen Geschoßdecke auf. Der gesundheitlich bedenkliche Schimmelbefall war zuvor mit diversen Mitteln behandelt worden, kehrte aber nach Aussagen der Nutzer immer wieder. Beide Decken sind Stahlbetondecken ohne erkennbare Wärmedämmung. Zusammen mit den massiven Außenwänden bilden die Eckbereiche daher erhebliche Wärmebrücken, die zwangsläufig zu einer Taupunkttemperaturunterschreitung und damit zum Ausfall von Kondenswasser führen müssen. Es ist daher als wahrscheinlich anzunehmen, dass die Ursache für den Schimmelpilz ausschließlich der schlechte bauliche Wärmeschutz ist. Unabhängig davon sollte vor einer Wärmedämmmaßnahme der Außenwand durch einen unabhängigen Gutachter geprüft werden, inwieweit eine Durchfeuchtung der Erdgeschoßaußenwand infolge defekter Horizontalsperre ausgeschlossen werden kann. Die baulich bedingten Ursachen für die sehr niedrigen Oberflächentemperaturen begünstigen die Schimmelbildung jedoch nur, wenn sowohl die Höhe der Luftfeuchtigkeit über mehrere Tage einen bestimmten Wert überschreitet als auch eine entsprechende Nahrungsgrundlage für das Schimmelwachstum gegeben ist. Letzteres ist durch mit Tapetenkleister geklebte und mit Acrylweiss gestrichene Raufasertapeten gegeben. Ebenso kann bereits bei einem Wert der relativen Luftfeuchte von 50 % in der Raummitte gemessen bei derart niedrigen Oberflächentemperaturen im Eckbereich die Existenzbedingung von Schimmelpilzkulturen gegeben sein. Folgende Tabelle gibt den Zusammenhang zwischen der Temperatur der Raumluft, der relativen und absoluten Luftfeuchte und der Taupunkttemperatur wieder:

Zusammenhang: Temperatur der Raumluft, der absoluten (in g/m³) und der relativen Luftfeuchtigkeit (in %)

Es ist erkennbar, das bei einer Raumlufttemperatur von 20°C und 50% relativer Feuchte (wie gemessen) die Taupunkttemperatur bei etwa 9 °C liegt. Schimmelpilzwachstum ist auf geeigneten Oberflächen jedoch nicht erst beim Erreichen der Taupunkttemperatur und der damit verbundenen Abscheidung von Wasserdampf in flüssiger Form zu beobachten, sondern hat sein Wachstumsoptimum bei Luftfeuchten in der Grenzschicht zwischen 80 und 95 %. Dieser Wert wird bei den gegebenen Bedingungen bereits bei Oberflächentemperaturen um 17°C erreicht. Die Messungen zeigten, dass diese Temperatur auf den Giebelaußenwänden bereits in Wandmitte unterschritten wird.

Ein Schimmelpilz-Problem steht fast immer auch im engen Zusammenhang mit dem Lüftungsverhalten bzw. Möglichkeiten und lässt sich durch Beachtung folgender Hinweise ggf. korrigieren:

  • Ein Durchgang zum Schlafraum sollte möglichst dicht schließbar sein und rund um die Uhr geschlossen bleiben. Das gilt auch für alle regelmäßig niedriger temperierten Zimmer. Keineswegs darf warme Raumluft – weder bewusst noch zufällig - aus einem ansonsten offenen Raumkonzept in ein deutlich niedriger temperiertes Zimmer umgeleitet werden.
  • Die Lüftung des Schlafzimmers in der kalten Jahreszeit sollte am morgen häufiger, dafür aber kürzer erfolgen. Die eingeflossenen Kaltluft muss die Chance haben sich zu erwärmen.
  • Es sollte ein Hygrometer (Eichhinweise beachten) an der Außenwand (Fensterseite) im Schlafzimmer angebracht werden. Es ist darauf zu achten, dass die Luftfeuchtigkeit im Winter eher in Richtung 50 % tendiert als in Richtung 60%.
  • Bei einer anstehenden Renovierung sollte die befallene Ecke nicht wieder tapeziert werden. Nach einer Desinfizierung mit Wasserstoffperoxyd-Lösung und einer sorgfältigen mechanischen Säuberung und sollte der betroffene Wandbereich nur mit einer reinen Kalkschlämme ohne jegliche Bindemittel gestrichen werden.
  • Auch eine zusätzliche Wärmedämmung, jeweils etwa 0,5 bis 1m in den jeweiligen Wandbereich hineinreichend, bringt Entspannung. Diese mindestens 2cm starke Dämmschicht z.B. aus Schaumpolystyrol muss so angebracht werden, dass sie an keiner Stelle mit Raumluft hinterströmt werden kann.
  • Eine grundlegende Verbesserung der Situation (Vermeidung von Schimmel, Verbesserung der empfundenen Behaglichkeit, Verringerung des Heizenergieverbrauches) lässt sich im konkreten Fall nur durch eine Verbesserung des baulichen Wärmeschutzes des Gebäudes erreichen. Dazu sollten zunächst die untere und obere Geschossdecke gedämmt werden. Die untere Geschossdecke kann von der Kellerseite aus mit 8 bis 10 cm Schaumpolystyrol, dicht stoßend und ohne Luftzwischenraum zur Decke gedämmt werden. Die Einsparung (Heizenergie-Verbrauch) kann mit etwa 8 bis 15 % angenommen werden. Die obere Geschossdecke sollte mit einer mindestens 15 cm starken Wärmedämmung belegt werden. Um die Begehbarkeit zu gewährleisten, können entweder vorgefertigte Elemente aus Styropor, mit Spanplatte kaschiert, oder aber eine Holzkonstruktion mit Mineralwolle angewendet werden.
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