Massivhaus ohne oder mit zusätzlicher Wärmedämmung?

An Massivhäuer werden hohe Anforderungen an die Ausführungsqualität gestellt. Eine zusätzliche Wärmedämmung reduziert Wärmebrücken, verringert den Wärmebedarf und verbessert die Behaglichkeit.

modernisiertes Hofgebäude mit Hochlochziegeln (Poroton) ohne zusätzliche Dämmung

Die Bauweise von Massivhäusern ohne zusätzliche Wärmedämmung der Außenwände wird von Fachleuten gerne als monolithisches Bauen oder als einschalige Bauweise bezeichnet. Im Unterschied zu mehrschaliger Bauweise wird eine monolithische Wand ausschließlich aus Steinen verschiedener Materialart und Bauform errichtet. Die Steine müssen während ihrer Standzeit vielfältige Funktionen erfüllen, so z.B. einer tragenden (statischen) und auch einer wärmedämmenden Funktion gerecht werden. Vom Baustoff Stein werden also zahlreiche bauphysikalische Bestwerte abverlangt. Einige Anforderungen an den Baustoff widersprechen sich jedoch. So haben z.B. Materialien mit hoher Wärmedämmung eine geringe Dichte, so dass die Wärmespeicherkapazität gering ist. Die Druckbelastbarkeit, die für die Statik eine Bedeutung hat, ist mager. Alles in allem ist wohl der Eindruck nicht falsch, dass wir es hier mit dem Anforderungsprofil an eine eierlegende Wollmilchsau zu tun haben.

Die akzeptierte Oberflächentemperatur darf nicht mehr als drei Grad von der Raumlufttemperatur abweichen

Eine der Kernaufgaben des Baustoffes für Außenwände ist es Behaglichkeit im Innenraum zu ermöglichen. Diese Aufgabe ist an gute wärmedämmende Eigenschaften geknüpft. Sonst klappt es einfach nicht, bei einer wirtschaftlichen Wandstärke noch akzeptable Oberflächentemperaturen zu ermöglichen. Hier hat der Planer bei der Vorbereitung, aber auch ausführende Handwerker eine anspruchsvolle Aufgabe vor sich, die, wenn es schief geht, für zahlreiche Folge-Mängel am Bau sorgt. Mit allen anderen Anforderungen, etwa solchen, die für den Schutz vor Wind und Regen sorgen, kommen monolithische Wände ohne Probleme zurecht.

#Massivhäuser aus Ziegelsteinen (Hochlochziegel)

Ein Massivhaus aus Ziegelsteinen hat für die meisten Bauinteressenten etwas Vertrauen erweckendes und Solides. In einem Ziegelsteinhaus kann man ohne größere Schwierigkeiten, anbauen, umbauen, oder Wände herausnehmen. Und mit den angebotenen großen und kleinen Steinen, den zahlreichen speziellen Steinformen bis hin zu bereits fertig gemauerten Wandelementen, kann man vom Keller bis zum Schornstein, von der Drempelabmauerung (Wand im Dachgeschoss zwischen Schrägdach und oberer Geschossdecke) bis zur Zwischenwand im Dachgeschoss so ziemlich alles gut und sicher bauen.

Hochlochziegel aus gebranntem Ton für Anwendungen mit 45° Grad-Winkeln

Für die meisten Menschen sind Ziegel einfach nur gebrannte Mauersteine aus Lehm bzw. Ton, die im deutschsprachigen Raum bei allen denkbaren Bauweisen Verwendung finden. Seit einigen Jahrzehnten werden Ziegel im Neubau und bei der Sanierung überwiegend nur noch als sogenannte Hochlochziegel eingesetzt. Dieser moderne Baustoff hat mit dem klassischen Ziegelprodukt nur noch das Ausgangsmaterial gemein. Wir sehen stattdessen HiTec-Produkte, bei denen raffiniert an der Verbesserung der wärmedämmenden Eigenschaften gearbeitet wurde. Im wesentlichen sollen sehr viele aneinander gereihte und senkrecht verlaufenden Hohlkammern verblüffende Dämmwerte ermöglichen. Da Luft ein sehr schlechter Wärmeleiter ist, ist man in der Brache lange davon ausgegangen, dass die Luftkammern die Weiterleitung von Wärme zumindest bremsen würden.

Mit Perlite verfüllte vertikale Kammern in einem Hochlochziegel

Das die hohlen, nicht verfüllten Luftkammern einen Lufttransport ermöglichten, zeigte sich an Zugerscheinungen im gebauten Objekt. Es zog aus den Steckdosen, unter der Sohlbank und aus der Vorwandinstallation im Bad. Da die Luft über mehrere Gesteinsschichten in Bewegung kommen kann, angetrieben durch Druck- bzw. Temperaturunterschiede, wurden Wärmeverluste ermittelt, die den Berechnungen mit ruhender Luft widersprachen. Erst spät setzte sich die Erkenntnis durch, das die Luft in den Kammern zur Ruhe kommen muss, um optimal zu dämmen.

Heute wird dieser Vorgang bei modernen Hochlochziegeln unterdrückt, in dem die Kammern mit einem wärmedämmenden Füllstoff verschlossen werden (Perlite- oder Mineralwolle). Wer also einen Massivbau mit porosierten Hochlochziegeln bauen und möglichst wenig Heizwärme verbrauchen möchte, muss sich für verfüllte Hochlochziegel mit geringster Wärmeleitfähigkeit entscheiden (z.Zt. etwa 0,6 W/mK). Die Steine werden gewöhnlich mit Dünnbettmörtel verklebt (Tauchverfahren). Die noch bessere Art (luftbremsend) der Montage besteht aber darin, den Ziegel vollflächig deckelnd unter Einschluss eines Vlieses zu verkleben.

Auftragen des Klebemörtels unter Einbeziehung eines luftdichtenden Vlieses

Hochlochziegel (HLZ) aus gebranntem Ton sind auch in der Bauphase standhaft, können in der Regel gut mit Feuchtigkeit umgehen und selbst nicht schimmeln. Die Bauweise ist einfach und entspricht unseren gelernten Vorstellungen. Stein auf Stein, außen und innen geputzt, und fertig ist der Bau. Die Bewohner der Häuser, die mit solchen Ziegeln errichtet sind, schwärmen und finden, dass z.B. die Atemluft in solchen Häusern gut und sauber sei. Die Luftfeuchtigkeit bleibt in Grenzen, die Wände können "atmen". Der Schutz gegen Auskühlung im Winter oder zu große Aufheizung im Sommer sei ausreichend.

Nur, wie ist es zu erklären, dass es auch in solchen Häusern Wohnraumschimmel gibt? Warum ist der Heizenergiebedarf in diesen Häusern höher als berechnet und höher als in ähnlich jungen Fertighäusern? Warum zeichnet sich im Wärmebild der Heizkörper unter dem Fenster ab? Weshalb haben mir Bewohner gehäuft von Behaglichkeitseinbußen berichtet?

Sich abzeichnende Wärmebrücken (Mörtelfuge und Randsteg) bei einer Hochlochziegelwand

Das Problem: An die Bausteine für monolithisches Bauen stellen wir sehr hohe Anforderungen. Die Steine sollen alles können, also ausreichend stabile Wände mit gutem Schallschutz und hoher Wärmedämmung bilden! Nun, der Ziegelindustrie ist zweifellos gelungen, sehr gute Steine zu entwickeln. Eine 36er Wand aus modernsten Ziegeln heute errichtet, verursacht nur noch ein Zehntel des Heizenergiebedarfes einer vergleichbaren Wand vor 60 Jahren.

Aber wir haben es in der Praxis niemals mit einer ungestörten, optimalen Wand zu tun. Wärmebrücken wie Sturzträger, Ringbalken, Mörtelfugen, Sohllbänke, Rollladenkästen u.a.m. verändern den theoretischen U-Wert hin zu einem praktisch erreichbaren, aber schwächeren Wert. Fehlerhaft ausgeführte Details, wie die schlecht gedämmte Stirnseite der Geschossdecken, die Verwendung von Mörtelfugen statt Kleberfugen, der Kauf preiswerterer Steine und Luftundichtheiten ziehen den Energiebedarf weiter nach oben.

Ich habe auf Baustellen sehr viele Ausführungsmängel beim Bau mit Hochlochziegeln gesehen, was mich davon abhielt, mir selbst ein Haus aus Hochlochziegeln zu errichten. Daher empfehle ich keine reinen monolithischen Wandkonstruktionen, sondern immer schwere Wandaufbauten, z.B. aus Kalksandstein, und eine zusätzliche, außen angebrachte Wärmedämmung. Sie kann aus Mineralwolle, Holzfaserdämmplatten oder Styropor bestehen. Das Ergebnis ist das Gleiche. Bei einer solchen Aufwertung der monolithischen Bauweise werden keine gedämmten (und teuren) Spezialbauelemente, wie gedämmte Sturzträger, U-Schalen für Ringbalken usw. benötigt, was den Preis für den Rohbau verringert. Gebaut werden kann weniger anspruchsvollen Steinen. Bei der zusätzlichen Wärmedämmung muss man aber natürlich qualitativ hochwertig arbeiten.

Ein moderner Hochlochziegel ist ein sehr komplexes Gebilde. Werden die Maurer mit einem oft veralteten Wissen zu den klassischen Ziegeln den komplexen Ansprüchen moderner Hochlochziegel gerecht? Hat der Bauleiter (wenn es ihn gibt) genügend Kenntnisse vom luftdichten, wärmebrückenarmen Erstellen eines Massivhauses? Kontrolliert der Architekt (wenn er in der Bauphase noch Verantwortung hat!) die bestellten und gelieferten Steine? Kontrolliert er auf luftdichte und wärmebrückenarme Ausführung?

Schlecht dämmende Kalksandsteine (weiß) als Füllsteine in gut dämmender Porotonziegelwand

Ein insgesamt besseres Ergebnis erlangt der Bauwillige, wenn nach Errichtung des massiven Rohbaus eine zusätzliche Wärmedämmung als zweite Schale angebracht wird. Das hat bei richtiger Ausführung einer zusätzlichen Dämmung u.a. folgende Vorteile:

  • alle möglichen Wärmebrücken des monolithischen Baukörpers können kompensiert werden;
  • es braucht für den monolithischen Baukörper keine extrem hochgezüchteten Steine, weil deren Eigenschaften durch die zusätzliche Wärmedämmung zweitrangig sind;
  • einfachere Ziegelsteine größeren Formates, besser noch Kalk-Sand-Steine hoher Dichte bringen einen verbesserten Schallschutz und ein höheres Wärmespeichervermögen für geringere Temperaturausschläge;
  • für den monolithischen Baukörper werden keine Spezialelemente, wie wärmegedämmte Sturzträger oder Schalsteine für den Ringbalken benötigt;
  • Bau- und Ausführungsmängel bei der Errichtung des massiven Bauköpers spielen durch die strikte Trennung von Statik und Wärmeschutz keine Rolle;

Allerdings muss der Ausführung der zusätzlichen Wärmedämmung erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dazu mehr im Abschnitt: Dämmung der Außenwand von außen

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