Wärmegedämmte, hinterlüftete Fassade
Alles über die wärmegedämmte hinterlüftete Fassade, Materialien, Montage, Vermeidung von Fehlern, sowie Kosten und Wirtschaftlichkeit
Bei einer nachträglichen Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade muss – wie bei allen anderen Dämmsystemen auch – der Dämmstoff unmittelbar ohne Luftzwischenraum auf der zu dämmenden Wand - möglichst durch Kleben - befestigt werden. Die Belüftungsebene liegt davor, befindet sich also zwischen dem Fassadenelement (Holz, Glas, Keramik, Faserzement, Metall) und dem Dämmstoff. Es wird daher nicht – wie oft vermutet und leider auch praktiziert – die Wärmedämmung zur Wand hinterlüftet, sondern das Fassadenelement bzw. die Fassadenplatte.
Der richtige Montagezeitpunkt für die wärmegedämmte hinterlüftete Fassade ist gekommen, wenn
- die Außenhaut des Gebäudes erneuerungsbedürftig ist,
- neue Fenster eingebaut werden,
- der Heizenergiebedarf wegen geringer Wärmedämmung der Außenwände sehr hoch ist,
- die Behaglichkeit infolge niedriger Oberflächentemperaturen stark zu wünschen übrig lässt und eine
- hinterlüftete Fassade wegen hoher Wind-und Wetterbelastung angeraten wird.
Für Gebäude bis 8 m Höhe oder Gebäude mit bis zu zwei Vollgeschossen ist eine Zulassung der Unterkonstruktion und der Fassadenelemente nicht erforderlich. Auf jeden Fall sollten für Befestigungsmittel, wie Schrauben oder Nägel, nur nicht rostende Materialien verwendet werden. Dübel und Schrauben müssen exakt aufeinander abgestimmt sein.
Überwiegend wird in der Praxis für eine wärmegedämmte, hinterlüftete Fassade zunächst eine Holzlattung montiert. Auch metallische Materialien sind als Tragkonstruktion möglich, verursachen aber einer erhöhte Wärmebrückenwirkung. Der Wärmedämmstoff wird dann, wie bei einem Wärmedämmverbundsystem (WDVS) auch, direkt auf die zu dämmende Wand zwischen die Lattung bzw. Tragkonstruktion eingebracht.
Dabei ist darauf zu achten, das der Dämmstoff nicht hinterlüftet werden kann. Bei weichen Dämmstoffmatten (z.B. Mineralwolle, Holzweichfaser) erreicht man dies z.B. durch das Einbringen des Dämmstoffes in zwei Lagen, wobei nach der ersten Lage durch erneute kreuzweise Verlattung der Dämmstoff der ersten Lage leicht gedrückt und niedergehalten wird. Die zweite Lage wird mit der Konterlatte (Montagelatte für Fassadenelemente) gehalten. Die Abstände der Verlattung sind nach den Herstellerangaben der Fassadenelemente, aber nicht großer als etwa 50 cm zu wählen.
Werden die recht biegesteifen Schaumpolystyrol- oder Holzfaserdämmplatten verwendet, kann der Dämmstoff auch durch Aufschrauben einer breiten (6 bis 8 cm), anpressenden Konterlatte gehalten werden. Vorheriges Ankleben der Platten mit umlaufender Mörtelwulst und Klebepunkten ist dann - wie bei einem Wärmedämmverbundsystem - empfehlenswert.
#Wärmebrückenreduzierung durch gekreuzte Kanthölzer
Durch die gekreuzte Anbringung von zwei Lagen Kanthölzern kann die Wärmebrücke Holz auf die Kreuzungspunkte beschränkt werden. Immerhin wird durch aufgeschraubten Latten ohne Kreuzverlegung die Wärmedämmung in der Bilanz um etwa 6 % gemindert. Eine Reduzierung der Wärmebrückenwirkung ist auch möglich durch spezielle wärmegedämmte Abstandhalter, auf die dann nach dem Verlegen des Dämmstoffes eine Holzlattung geschraubt wird.
Spezielle Systeme der Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade mit Natur- oder Kunststeinen als Fassadenelemente erfordern Aluminium- oder Edelstahlprofile als Unterkonstruktion. Unterkonstruktionen aus Metallschienen, wie sie bei Ständerwänden im Leichtbau verwendet werden, sind wegen der starken Wärmebrückenwirkung nicht empfehlenswert. Außerdem kommt es bei einem solchen System zu schwer wiegenden Ausführungsmängeln. Ich halte wärmegedämmte hinterlüftete Fassaden mit Schienen und Tragankern aus Aluminium oder Edelstahl prinzipiell für nicht geeignet.
#Dämmstoffe für die Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade
Für wärmegedämmte hinterlüftete Fassaden sind alle zugelassenen und güteüberwachten Fassadendämmplatten bzw. Matten einsetzbar.
Als gut geeignet haben sich mattenartige Dämmstoffe, wie Mineralwolle- und Holzweichfaser-Daemmatten erwiesen. Diese Matten lassen sich gut schneiden und zwischen die Tragkonstruktion einpassen. Gegebenenfalls lässt sich hier und da das Material (wenn es sich um Mineralwolle oder Holzweichfaser handelt) auch mal zum Stopfen verwenden. Zellulosefasern können ebenfalls für die Dämmung eingesetzt werden. Ihre Verwendung erfordert jedoch die Ausbildung eines Hohlraumes zum Einblasen (z.B. mittels Holzfaserdämmplatten als Schalung auf Traglattung)
Die erzielbare wärmedämmende Wirkung wird beeinflusst durch
- die Stärke des Dämmstoffes,
- seine bauphysikalischen Qualitäten,
- die Lückenlosigkeit der Verlegung,
- die Vermeidung von Hinterlüftung,
- die Vermeidung von Luftdurchströmung und
- die Art der Anbringung und dem Material der Tragkonstruktion (Wärmebrücken)
Ökonomisch sinnvolle Dämmstoffstärken liegen bei 12 cm plus X bis etwa 25cm. Stärkere Dämmstoffschichten sind zwar wünschenswert und ökologisch sinnvoll, erhöhen aber auch den finanziellen Aufwand (Tragkonstruktion) beträchtlich.
Sollte aus konstruktiven Gründen der Dämmstoff nicht überall gleich stark eingebaut werden können, so kann die Dämmstoffstärke lokal reduziert werden. Bei sehr starker Reduzierung ist es allerdings empfehlenswert, auf einen Dämmstoff auszuweichen, der eine bessere Wirkung hat (geringere Wärmeleitfähigkeit, z.B. PU-Hartschaum). Auf keinen Fall sollte an einer solchen Stelle gänzlich auf Dämmstoff verzichtet werden!
#Wärmedämmung: Nicht hinterlüftet, nicht durchströmt!
Der Dämmstoff darf nicht nur nicht hinterlüftet, sondern auch nicht durchströmt werden. Gefährdet sind vor allem Mineralwolle- und Holzweichfasermatten, die bei starker Luftbewegung im Belüftungsspalt, ähnlich wie ein grobmaschiger Pullover, luftdurchspült werden können. Die Dämmwirkung sinkt in der Folge erheblich. Für die wärmegedämmte hinterlüftete Fassade werden speziell hergestellte Mineralwolle-Daemmatten angeboten, die mit einem diffusionsoffenen, aber luftdichten Fließ beschichtet sind (nicht zu verwechseln mit einer Folie). Der Fließbelag gehört auf die Außenseite, also die kalte Seite der Konstruktion.
Generell sollten mattenartige Dämmstoffe aber wegen der Durchströmbarkeit immer mit einer diffusionsoffenen und winddichtenden Gewebebahn oder einer Windschutzpappe lückenlos abgedeckt werden. Dafür eignen sich am besten diffusionsoffene Unterspannbahnen, wie sie im Dach als Winddichtungsebene bzw. Unterdach eingebaut werden. Folien aus Polyethylen, Aluminium, Bitumenschweißbahnen o.ä. dampfdichte Materialien haben bei einer Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade weder vor noch hinter der Dämmschicht etwas zu suchen.
Die Bahnen sind im Überdeckungsbereich mit dafür geeigneten Klebebändern winddicht abzukleben. Besondere Aufmerksamkeit erfordern die Anschlüsse an Fenstern und Türen. Die Bahnen sind bis auf den Rahmen zu führen und hier dauerhaft abzukleben. Dieser Arbeitsschritt muss schon vor der Entscheidung für eine Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade durchdacht werden, da oftmals die zur Verfügung stehenden Rahmenbreiten für eine Verklebung und Abdeckung mit Fassadenelementen nicht ausreichen. Kann hier nicht sorgfältig abgedichtet werden, sollte besser ein Wärmedämmverbundsystem montiert werden.
#Fassadenelemente
Für das Fassadenelement bzw. die Wetterschutzschale kommen verschiedene, oftmals ortstypisch eingesetzte Werkstoffe in Frage. In manchen Gegenden sind es Schieferplatten, die auf einer Tragschalung oder Holzlattung angebracht werden. In holzreichen Gegenden werden traditionell Stülpschalungen oder Boden-Deckel-Schalungen genutzt. Auch hier kommt es auf eine Hinterlüftung der Schalung, nicht des Dämmstoffes an. Als gut geeignet und lange haltbar haben sich auch Faserzementplatten erwiesen. Der Abstand der Hinterlüftungsebene zwischen der Dämmschicht und dem Fassadenelement sollte etwa 30 mm betragen. Das entspricht der Stärke einer Dachlatte.
Die belüftete Luftschicht zwischen Wärmedämmstoff und Fassadenelement ist erforderlich, damit
- wasseraufnehmende Fassadenelemente (Holz, bestimmte Keramik, Dachziegel) auch zum Luftzwischenraum hin austrocknen können;
- durch Fugen von Verkleidungen eindringende Feuchtigkeit trocknen kann;
- Oberflächenfeuchtigkeit (Tauwasser) hinter der Verkleidung, auf Befestigungselementen, Blechen, Schrauben usw. abtrocknen kann;
- es bei wasserdampfundurchlässigen Fassadenelementen, wie z.B. Schiefer, Glas, Kunststoffe, Bleche, hartgebrannte Klinker oder Steingut nicht zur Durchfeuchtung des Dämmstoffes kommt.
Direkter Kontakt eines Fassadenelementes mit dem Dämmstoff kann zu einer Kondensation von Wasserdampf an der Innenseite kalter Fassadenelemente führen. In der Folge durchfeuchten Dämmstoffe, was z.B. das Wachstum holzzerstörender Pilze begünstigt.
Be- und Entlüftungsöffnungen Ein- und Ausströmöffnungen werden über der gesamten montierten Länge (hinterlüftete Fassade) und überall dort benötigt, wo die Hinterlüftung durch Bauelemente unterbrochen wird.
Bei Fenstern muss unterhalb der Sohlbank eine Ausströmmöglichkeit und oberhalb von Fenstern und Türen eine weitere Einströmmöglichkeit geschaffen werden. Die Öffnungen sind mit Insektenschutzgittern abzudecken. Für die außen liegenden Fensterbänke müssen wegen der fehlenden Montagemöglichkeit für massive Materialien (Marmor, Kunststein o.ä.) Aluminium-Fensterbänke mit aufgesteckten, gleitenden Endstücken verwendet werden. Die Endstücke werden gleitend montiert, um die Längenausdehnung von Aluminium bei Sonneneinstrahlung abzufangen. Durch die nach oben gebördelten Endstücke ist auch die Entwässerungsproblematik im Gegensatz zu massiven Sohlbänken gut gelöst.
#Kosten und Wirtschaftlichkeit der Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade
Die Kosten für eine Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade sind stark von der gewählten Verkleidung bzw. dem Fassadenelement abhängig. Bei einem Wirtschaftlichkeitsvergleich der Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade ist zu berücksichtigen, dass die Kosten für die vergleichsweise teure Fassade bzw. den Fassadenelementen selbst nicht angerechnet werden können. Die Fassadenelemente wären bei einer Lösung ohne Wärmedämmung ohnehin erforderlich. Bei einem Gesamtpreis pro m² zwischen 140 Euro und 300 Euro sind etwa 80 bis 120 Euro für Dämmstoff, Befestigungsmittel und Rüstung anzusetzen.
#Vor- und Nachteile der Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade
Wenn die Dämmstoffstärke zu einem vergleichbaren System (z.B. Wärmedämmverbundsystem, WDVS) identisch ist, ergibt sich für die Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade kein Vorteil in der Dämmleistung. Im Gegenteil. Wegen der erforderlichen Tragkonstruktion sind damit verbundene Wärmebrücken nicht auszuschließen. Insgesamt erfordert die Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade mehr handwerklichen Aufwand und viel Geschick, was die Fehlerquote natürlich erhöht. Da das für ein solches System erforderliche ruhige, nachdenkliche Arbeiten nur in wenigen Fällen gegeben sein dürfte, sehe ich praktisch kaum Vorteile in der Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade. Dieser Standpunkt wird unterstützt durch zahlreiche bekannt gewordene Ausführungsmängel, die mittels Thermografie sichtbar gemacht werden können.
In wetterbedingt kritischen Wohnlagen bietet die Nutzung von hinterlüfteten Fassadenelementen eventuell Vorteile. Vorausgesetzt, die Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade wurde fachgerecht ausgeführt und das Fassadenelement hat entsprechende Eigenschaften (Schiefer, Faserzement, Bleche, hartgebrannte Tonelemente u.ä.),
- kommt das System mit starken Temperaturschwankungen gut zurecht;
- bei häufiger Schlagregenbelastung kann das Wasser rascher abfließen, es kommt nicht zu einer Durchfeuchtung von Putz
- Oberflächliche Spannungen durch Eisbildung führen nicht zur Zerstörung von Oberflächenstrukturen
Bei Wind und Sonneneinstrahlung sehe ich keine Vorteile. Wer möchte, kann in Fassadenbekleidungen auch Sonnenkollektoren oder Fotovoltaikelemente integrieren. Eine Begrünung ist möglich.