Der merkwürdige Taupunkt

Über den Taupunkt sprechen meist Bauleute aber auch Laien, die eine Dämmung anbringen oder die Lage und Qualität einer Dampfbremse diskutieren.

Unsere Umgebungs- bzw. Atemluft hat zahlreiche Bestandteile. Im Wesentlichen besteht sie aber aus den chemischen Elementen Stickstoff und Sauerstoff, dem Edelgas Argon sowie – Wasserdampf. Das arg in Verruf gekommene Kohlenstoffdioxid ist noch dabei, nimmt aber nur einen sehr kleinen Anteil in der Umgebungsluft ein. Es ist allerdings nicht minder bedeutsam, z.B. für die Gesundheit und das Klima.

Der Stickstoff der Atemluft bleibt „unbenutzt“, aber ein Teil des eingeatmeten Sauerstoffes in unserem Körper wird für den Stoffwechsel. Als Stoffwechselendprodukt diese Vorganges entsteht Kohlenstoffdioxid, dessen Anteil in der Ausatemluft etwa 100 mal so hoch ist wie in der Einatemluft. Außerdem bildet sich beim Stoffwechsel Wasser, dass in der Lunge als Wasserdampf der Ausatemluft beigemengt wird. Dieser Vorgang dient vor allem der Temperaturreglung des Körpers, denn mit der feuchtwarmen Ausatemluft verliert der Körper auch Energie. So regelt wird die Körpertemperatur geregelt.

Antarktis (Bild von jcrane auf pixabay.com)

Während die Konzentration der in der Luft enthaltenen Gase an verschiedenen Orten der Erde und bei unterschiedlichen Temperaturen etwa gleich ist, zeigt der Wasserdampf ein ganz anderes Verhalten. So befindet sich in der arktischen Luft meist nur sehr wenig Wasserdampf, während es z.B. in subtropischen Regionen unserer Erde richtig nass zugehen kann. Hier ist die Luft warm und wie in einem Dampfbad vollgepackt mit Wasserdampfmolekülen. Es liegt also nahe, einen Einfluss der Lufttemperatur auf das Verhalten von Wasserdampf zu vermuten.

Machen wir einige Experimente:

Beobachten wir als Erstes unsere ausgeatmete Luft in verschiedenen Situationen. Zunächst hauchen wir in unsere als Muschel geformte Handfläche. Wir bemerken, dass die ausgeatmete Luft recht warm ist. Ein genau gehendes Thermometer würde uns zeigen, dass die Ausatemtemperatur bei ca. 33 °C liegt, wenn die Luft den Körper über den Mund verlässt. Wird wie üblicherweise über die Nase ausgeatmet, beträgt die Temperatur nur etwa 30°C.

Nun hauchen wir einen Spiegel oder Brillengläser an. Ein dünner, milchiger Film wird sichtbar. Hier hat sich der beim Verlassen des Körpers zunächst unsichtbare Wasserdampf, mit sichtbaren winzige Tröpfchen vermischt, gleichmäßig abgesetzt. Wenn die Umgebungsluft etwa normal feucht ist (also nicht Sauna, nicht -10°C) verschwindet der Niederschlag nach wenigen Sekunden wieder.

Gehen wir jetzt nach draußen. Wir beobachten unsere Ausatemluft und sehen, dass wir nichts sehen. So wäre es im Sommer. Bei sehr kaltem Wetter jedoch entfalten sich beim Ausatmen kleine Wölkchen vor unserem Gesicht, die rasch wieder verschwinden. Da die chemische Zusammensetzung unserer Ausatemluft im Sommer wie im Winter etwa gleich bleibt, kann es sich nur um unterschiedliches Verhalten durch Temperaturänderung handeln.

Was macht das mit der Ausatemluft? Und was hat sich gegenüber der Einatemluft geändert?

Wassertropfen, Bild von Herbert auf Pixabay

Bei einer Temperatur von ca. 33°C (Ausatemluft) beträgt der Wasseranteil etwa 32 g pro m³ Luftvolumen. Da der Mensch bei einfacher Tätigkeit etwa 8 Liter Luft pro Minute ein bzw. ausatmet, kommen so am Tag knapp 12 m³ Luftvolumen zusammen. In der ausgeatmeten Luft sind pro Tag also knapp 400 Gramm Wasserdampf enthalten, der an die Umgebungsluft abgegeben wird. Da die eingeatmete Luft bei 20°C und 50% Luftfeuchtigkeit im gleichen Zeitraum nur etwa 100 Gramm Wasser beinhaltet, entsteht für den Körper durch das Ausatmen ein Feuchtigkeitsverlust von rund 300 Gramm. Außerdem wird geschwitzt. Dies sind Gründe, warum die Körpergewichtswaage am Morgen immer ein etwas geringeres Gewicht als abends anzeigt. Dieser Wasserverlust kann nur durch Trinken kompensiert werden.

Verlässt die warme, feuchte Ausatemluft den Körper und strömt in kalte Umgebungsluft hinein, erfährt sie eine Abkühlung. Die enthaltenen Wasserdampfmoleküle verlieren dadurch Energie, „beruhigen“ sich und haben das Bestreben, sich mit ihresgleichen zu verbinden. Der so genannte Taupunkt kann jetzt erreicht werden. Das ist der Moment, bei dem sich winzige Tröpfchen bilden, die den Wasserdampf als kleinste Wasserteilchen (Nebel!) sichtbar machen. Diese kleine Wolke verschwindet allerdings rasch wieder, wenn die Umgebungsluft trocken ist, also noch weiteren Wasserdampf aufzunehmen in der Lage ist. Hauchen wir dagegen an einem warmen Tag in die Luft, kühlt sich die Ausatemluft nur wenig ab. Die Wasserdampfmoleküle bleiben vereinzelt, bilden keine Tröpfchen und sind unsichtbar. Der Taupunkt wird nicht erreicht.

Ich denke, dass der Begriff Taupunkt etwas irreführend ist, weil es ja gar nicht um einen Punkt, also einen Ort, geht. Vielmehr handelt es sich um eine bestimmte Temperatur, bei der, wenn sie unterschritten wird, unsichtbarer Wasserdampf zu sichtbaren Tröpfchen kondensiert. Es ist gleichzeitig die Temperatur, bei der im entgegengesetzten Vorgang, also dann wenn die Temperatur steigt, Wassertröpfchen verdunsten und von der Umgebungsluft wieder aufgenommen werden. Die Taupunkttemperatur hat demnach nichts mit Tauwetter oder dem Auftauen von Eis zu tun.

Die Taupunkttemperatur liegt auch nicht bei 0°C (Eis beginnt zu schmelzen), sondern ist abhängig von der momentanen Wasserdampfmenge in der Luft. Mit anderen Worten: Befindet sich in der Luft, die z.B. Zimmertemperatur besitzt, nur wenig Wasserdampf (verhältnismäßig trockene Luft), ist die Taupunkttemperatur für diese Luft niedriger, als wenn sich in der Raumluft sehr viele Wasserdampfmoleküle befinden (verhältnismäßig feuchte Luft).

Kondensstreifen eines Flugzeuges (Bild von Free-Photos auf pixabay.com)

Vielleicht haben Sie sich schon einmal gefragt, warum an manchen Tagen Flugzeuge am blauen Himmel einen langen Kondensstreifen verursachen an, an anderen Tagen dagegen ist er nicht der Rede wert. Nun, bei einer Flugzeugturbine entsteht durch die Verbrennung von Kerosin in der Turbine Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf. Verlässt der Wasserdampf mit den heißen Abgasen das Turbinengehäuse, kommt es wegen der sehr niedrigen Umgebungstemperatur zur schlagartigen Unterschreitung der Taupunkttemperatur. Es bilden sich winzige Wassertröpfchen. Wir sehen am Himmel einen Streifen kondensierten Wasserdampf. Dieser verschwindet rasch wieder, wenn die Umgebungsluft sehr trocken ist, die Luft also noch Wasserdampf aufnehmen kann. Ist die Luft dagegen kalt und feucht, kann sie eventuell keinen weiteren Wasserdampf mehr aufnehmen. Dann bleiben uns die Kondensstreifen mehrere Minuten erhalten.

Tauwasserbildung auf einer Glasscheibe, Abb. von Wolfgang Eckert auf pixabay.com

Schauen wir uns jetzt die Vorgänge an einem Spiegel, den wir anhauchen, etwas genauer an. Bei 20°C Raumtemperatur wird seine Glasfläche, sofern diese an einer Innenwand hängt, auch etwa 20°C warm sein (Hängt der Spiegel an einer Außenwand, kann sich bei schwacher Wärmedämmung der Wand auch eine deutlich niedrigere Temperatur auf dem Spiegelglas einstellen.). Nun hat Glas die Eigenschaft, recht träge gegenüber Temperaturänderungen zu reagieren. Daher steigt die Oberflächentemperatur des Spiegels nur langsam und geringfügig an, wenn sich ein warmer Lufthauch von 33°C darüber legt. Die Ausatemluft selbst kühlt jedoch rasch ab, und zwar unmittelbar über der angehauchten Oberfläche. Wird dabei die Taupunkttemperatur unterschritten, können wir kleinste Wassertröpfchen beobachten, die eine milchige Schicht auf dem Spiegelglas hinterlassen. Nach ein paar Sekunden verschwindet der Spuk, weil die Wassertröpfchen wieder verdunsten.

Die Bildung von Tauwasser können wir unter bestimmten Bedingungen auch an anderen Stellen gut beobachten:

  • So beschlägt eine Brille, wenn wir aus der Kälte zur Wohnungstür herein kommen.
  • An der Getränkeflasche aus dem Kühlschrank bilden sich nach der Herausnahme Tröpfchen.* Am Rand der Fenster im Schlafzimmer entstehen über Nacht dicke Wassernester auf dem Glas und Rahmen.
  • Fensterscheiben beschlagen von außen, wenn wir das Fenster zum lüften weit öffnen.
  • Wenn wir bei geöffnetem Fenster kochen, tritt warmer, sichtbarer Dampf zum Küchenfenster heraus.
  • Beim Kochen (z.B. von Kartoffeln) kondensiert Wasserdampf an der Unterseite eines Glasdeckels, wobei sich dicke Tropfen bilden, die, wenn sie groß genug sind, wieder ins Kochwasser zurückfallen.

Alle diese Beobachtungen beruhen auf einer schlagartigen Zustandsveränderung des Wassers, deren Ursache entweder:

  • das Absinken der Lufttemperatur, in diesem Fall unmittelbar über den Oberflächen der genannten kühlen Dinge (kalte Brille, kühle Bierflasche usw.) oder
  • die Zunahme der Wasserdampfkonzentration ist (z.B beim Kochen mit geschlossenem Glasdeckel).

Tauwasserausfall über kalten Oberflächen, wie Fensterscheiben, Außenwänden oder in Außenwandecken findet im Winter leider oft schon bei normalen Raumtemperaturen um 21°C statt. Der Vorgang ist verantwortlich für Mauerwerksfeuchtigkeit, Holzzerstörung und Wohnraumschimmel, ein Thema, mit dem wir uns hier ausführlicher beschäftigen. Nur soviel an dieser Stelle: Was durch den Tauwasserausfall an flüssigem Wasser zusammen kommt, hängt von der Menge des zur Verfügung stehenden Wasserdampfes und vom Grad der Abkühlung der Luft ab.

Mein Fazit:

  • Der Taupunkt ist kein Punkt im Sinne eines Ortes. Er entspricht viel mehr der Temperatur, bei der sich Wasserdampfmoleküle zu einem Wassertropfen verbinden.
  • Geschieht dies in der Luft, wird Tauwasser, wie z.B. Nebel, sichtbar. Geschieht dies auf einem festen Material, z.B. Glas, beschlägt die Fläche. Geschieht dies in einem Material, wie z.B. Ziegelsteinen, kommt es zu einer Durchfeuchtung des Steines.
  • Um diese Kondensatbildung zu vermeiden muss die Luftfeuchtigkeit im Raum auf unkritische Mengen reduziert bleiben oder/und die Temperatur der Bauteile erhöht werden. Außerdem kann durch eine Dampfbremse das Eindringen von Wasserdampf beeinflusst werden.

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