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Wärmegedämmte hinterlüftete Fassade

10.02.2020 | von: now | Kategorie: Außendämmung, Wärmedämmung

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Alles über die wärmegedämmte hinterlüftete Fassade, Materialien, Montage, Vermeidung von Fehlern sowie zu Kosten und Wirtschaftlichkeit

Bei einer Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade muss – wie bei allen anderen Dämmsystemen auch – der Dämmstoff unmittelbar auf der zu dämmenden Wand befestigt werden. Die Belüftungsebene liegt davor, befindet sich also zwischen dem Fassadenelement (Holz, Glas, Keramik, Faserzement, Metall) und dem Dämmstoff. Es wird also nicht – wie oft  vermutet und leider auch praktiziert – die Wärmedämmung zur Wand hinterlüftet, sondern das Fassadenelement bzw. die Fassadenplatte.

Der richtige Montagezeitpunkt für die wärmegedämmte hinterlüftete Fassade ist gekommen, wenn

Montage einer Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade
Montage einer Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade
  • die Außenhaut des Gebäudes erneuerungsbedürftig ist,
  • neue Fenster eingebaut werden,
  • die Heizkosten wegen geringer Wärmedämmung der Außenwände sehr hoch sind und/oder
  • die Behaglichkeit infolge niedriger Oberflächentemperaturen stark zu wünschen übrig lässt und eine
  • hinterlüftete Fassade wegen hoher Wind-und Wetterbelastung angeraten wird.

Unterkonstruktionen für die wärmegedämmte hinterlüftete Fassade

Bei der Wahl der Unterkonstruktion sind die Eigenschaften des Dämmstoffes sowie die Art der spätere Bekleidung mit Fassadenelementen zu beachten.

Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade
Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade

Für Gebäude bis 8 m Höhe oder Gebäude mit bis zu zwei Vollgeschossen ist eine Zulassung der Unterkonstruktion und der Fassadenelemente nicht erforderlich. Auf jeden Fall sollten für Befestigungsmittel, wie Schrauben oder Nägel, nur nicht rostende Materialien verwendet werden. Dübel und Schrauben müssen exakt aufeinander abgestimmt sein.

Überwiegend wird für eine wärmegedämmte hinterlüftete Fassade eine Holzlattung montiert. Der Wärmedämmstoff wird dann, wie bei einem Wärmedämmverbundsystem auch, direkt auf die zu dämmende Wand zwischen die Lattung eingebracht.

Holzunterkonstruktion für eine wärmegedämmte Fassade
Holzunterkonstruktion für eine wärmegedämmte Fassade

Dabei ist darauf zu achten, das der Dämmstoff nicht hinterlüftet werden kann. Bei Dämmstoffmatten (z.B. Mineralwolle, Holzweichfaser) erreicht man dies z.B. durch das Einbringen des Dämmstoffes in zwei Lagen, wobei nach der ersten Lage durch erneute kreuzweise Verlattung der Dämmstoff der ersten Lage festgedrückt und gehalten wird. Die zweite Lage wird mit der Konterlatte (Montagelatte für Fassadenelemente) gehalten. Die Abstände der Verlattung sind nach den Herstellerangaben der Fassadenelemente, aber nicht großer als 50 bis 60 cm zu wählen. Werden Schaumpolystyrol- oder Holzfaserdämmplatten verwendet, kann der Dämmstoff durch Aufschrauben einer breiten (6 bis 8 cm), anpressenden Konterlatte gehalten werden. Vorheriges Ankleben der Platten mit umlaufender Mörtelwulst und Klebepunkten ist wie bei einem Wärmedämmverbundsystem empfehlenswert.

Wärmebrückenreduzierung durch gekreuzte Kanthölzer

Wärmedämmstoff in zwei Lagen
Wärmedämmstoff in zwei Lagen

Durch die gekreuzte Anbringung von zwei Lagen Kanthölzern kann die Wärmebrücke Holz auf die Kreuzungspunkte beschränkt werden. Immerhin wird durch aufgeschraubten Latten ohne Kreuzverlegung die Wärmedämmung um etwa 6 % gemindert. Eine Reduzierung der Wärmebrückenwirkung ist auch möglich durch spezielle wärmegedämmte Abstandhalter, auf die dann nach dem Verlegen des Dämmstoffes eine Holzlattung angeschraubt wird.

Spezielle Systeme mit Natur- oder Kunststeinen als Fassadenelemente erfordern Aluminium- oder Edelstahlprofile als Unterkonstruktion. Unterkonstruktionen aus Metallschienen, wie sie bei Ständerwänden im Leichtbau verwendet werden, sind wegen der starken Wärmebrückenwirkung nicht empfehlenswert.

Systeme für wärmegedämmte hinterlüftete Fassaden mit Schienen und Tragankern aus Aluminium oder Edelstahl halte ich für nicht geeignet, da hier eine Vielzahl von die Wärme gut leitenden Wärmebrücken geschaffen werden.

Dämmstoffe für die Wärmedämmung

Für wärmegedämmte hinterlüftete Fassade sind alle zugelassenen und güteüberwachten Fassadendämmplatten einsetzbar.

Einbringen von Holzweichfasermatten
Einbringen von Holzweichfasermatten

Als sehr geeignet haben sich mattenartige Dämmstoffe, wie Mineralwolle- und Holzweichfasermatten erwiesen. Sie lassen sich gut zwischen die Tragkonstruktion einpassen. Gegebenenfalls lässt sich hier und da das Material (wenn es sich um Mineralwolle oder Holzweichfaser handelt) auch mal zum Stopfen verwenden. Zellulosefasern können ebenfalls für die Dämmung eingesetzt werden. Ihre Verwendung  erfordert jedoch die Ausbildung eines Hohlraumes zum Einblasen (z.B. mittels Holzfaserdämmplatte)

Die erzielbare wärmedämmende Wirkung wird beeinflusst durch

  • die Stärke des Dämmstoffes,
  • seine bauphysikalischen Qualitäten,
  • die Lückenlosigkeit der Verlegung,
  • die Vermeidung von Hinterlüftung,
  • die Vermeidung von Luftdurchströmung und
  • die Art der Anbringung und dem Material der Tragkonstruktion

Ökonomisch sinnvolle Dämmstoffstärken liegen bei 14 cm plus X. Stärkere Dämmstoffschichten sind zwar wünschenswert und ökologisch notwendig, erhöhen aber auch den finanziellen Aufwand (Tragkonstruktion) beträchtlich.

Sollte aus konstruktiven Gründen der Dämmstoff nicht überall gleich stark eingebaut werden können, so kann man lokal die Dämmstoffstärke reduzieren. Bei sehr starker Reduzierung ist es allerdings empfehlenswert auf einen Dämmstoff auszuweichen, der eine bessere Wirkung hat (geringere Wärmeleitfähigkeit, z.B. PU-Hartschaum). Auf keinen Fall sollte an einer Stelle gänzlich auf Dämmstoff verzichtet werden!

Nicht hinterlüftet, nicht durchströmt!

Der Dämmstoff darf nicht nur nicht hinterlüftet, sondern auch nicht durchströmt werden. Gefährdet sind vor allem Mineralwolle-und Holzweichfasermatten, die bei starker Luftbewegung im Belüftungsspalt wie ein grobmaschiger Pullover luftdurchspült werden können. Die Dämmwirkung sinkt. Für die wärmegedämmte hinterlüftete Fassade werden speziell hergestellte Mineralwollematten angeboten, die mit einem diffusionsoffenen, aber luftdichten Fließ beschichtet sind (nicht zu verwechseln mit einer Folie). Der Fliesbelag gehört auf die Außenseite, also die kalte Seite der Konstruktion. Besser ist es diffusionsoffene Windschutzpappen oder spezielle Gewebebahnen auf die verlegte Mineralwolle aufzubringen.

Generell sollten mattenartige Dämmstoffe wegen der Durchströmbarkeit immer mit einer diffusionsoffenen und winddichtenden Bahn abgedeckt werden. Dafür eignen sich diffusionsoffene Unterspannbahnen, wie sie im Dach als Winddichtungsebene eingebaut werden.

Folien aus Polyethylen, Aluminium, Bitumenschweißbahnen o.ä. dampfdichte Materialien haben bei einer Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade weder vor noch hinter der Dämmschicht etwas zu suchen.

Winddichte Abklebungen im Bereich der Laibungen und Fensterrahmen
Winddichte Abklebungen im Bereich der Laibungen und Fensterrahmen

Die Bahnen sind im Überdeckungsbereich mit dafür geeigneten Klebebändern winddicht abzukleben. Besondere Aufmerksamkeit erfordern die Anschlüsse an Fenstern und Türen. Die Bahnen sind bis auf den Rahmen zu führen und hier dauerhaft abzukleben. Dieser Arbeitsschritt muss schon vor der Entscheidung für eine Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade durchdacht werden, da oftmals die zur Verfügung stehenden Rahmenbreiten für eine Verklebung und Abdeckung mit Fassadenelementen nicht ausreichen. Kann hier nicht sorgfältig abgedichtet werden, sollte besser ein Wärmedämmverbundsystem montiert werden.

Fassadenelemente

Für das Fassadenelement bzw. die Wetterschutzschale kommen verschiedene, meist ortstypisch eingesetzte Werkstoffe in Frage.

Anschrauben von Faserzementplatten als Wetterschutzschale
Anschrauben von Faserzementplatten als Wetterschutzschale

In manchen Gegenden sind es Schieferplatten, die auf einer Tragschalung oder Holzlattung angebracht werden. In holzreichen Gegenden werden traditionell Stülpschalungen oder Boden-Deckel-Schalungen genutzt. Auch hier kommt es auf eine Hinterlüftung der Schalung, nicht des Dämmstoffes an. Als gut geeignet und lange haltbar haben sich auch Faserzementplatten erwiesen. Der Abstand der Hinterlüftungsebene zwischen der Dämmschicht und dem Fassadenelement sollte etwa 30 mm betragen. Das entspricht der Stärke einer Dachlatte.

Diese belüftete Luftschicht zwischen Wärmedämmstoff und Fassadenelement ist erforderlich, damit

  • wasseraufnehmende Fassadenelemente (Holz, bestimmte Keramik, Dachziegel) auch zum Luftzwischenraum hin austrocknen können;
  • durch Fugen von Verkleidungen eindringende Feuchtigkeit trocknen kann;
  • Oberflächenfeuchtigkeit (Tauwasser) hinter der Verkleidung, auf Befestigungselementen, Blechen, Schrauben usw. abtrocknen kann;
  • es bei wasserdampfundurchlässigen Fassadenelementen, wie z.B. Schiefer, Glas, Kunststoffe, Bleche, hartgebrannte Klinker oder Steingut nicht zur Durchfeuchtung des Dämmstoffes kommt,

Direkter Kontakt eines Fassdenelementes mit dem Dämmstoff kann zu einer Kondensation von Wasserdampf an der Innenseite kalter Fassadenelemente führen. Die Folge könnten feuchte Dämmschichten sein, die das Wachstum holzzerstörender Pilze begünstigen

Be- und Entlüftungsöffnungen

Ein- und Ausströmöffnungen werden über der gesamten montierten Länge (hinterlüftete Fassade) und überall dort benötigt, wo die Hinterlüftung durch Bauelemente unterbrochen wird.

Montage von Insektenschutzgittern (Einströmöffnung)
Montage von Insektenschutzgittern (Einströmöffnung)

Bei Fenstern z.B. muss unterhalb der Sohlbank eine Ausströmmöglichkeit und oberhalb des Fensters eine weitere Einströmmöglichkeit geschaffen werden. Die Öffnungen sind mit Insektenschutzgittern abzudecken. Für die außen liegenden Fensterbänke müssen wegen der fehlenden Montagemöglichkeit für massive Materialien Aluminium-Fensterbänke mit aufgesteckten, gleitenden Endstücken verwendet werden. Durch die nach oben gebördelten Endstücke ist auch die Entwässerungsproblematik im Gegensatz zu massiven Sohlbänken gut gelöst.

Profilierte Fensterbank aus Aluminium mit Gleit-Endstücken
Profilierte Fensterbank aus Aluminium mit Gleit-Endstücken

Die Endstücke werden gleitend montiert, um die Längenausdehnung von Aluminium bei Sonneneinstrahlung abzufangen.

Kosten und Wirtschaftlichkeit

Die Kosten für eine Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade sind stark von der gewählten Verkleidung bzw. dem Fassadenelement abhängig. Bei einem Wirtschaftlichkeitsvergleich oder der Frage nach einer Amortisation der Wärmedämmung ist zu berücksichtigen, dass die Kosten für die vergleichsweise teure Fassade selbst nicht angerechnet werden können. Die Fassdenelemente wären ohnehin erforderlich. Bei einem Gesamtpreis pro m2 zwischen 140 Euro und 300 Euro sind etwa 60 bis 100 Euro für Dämmstoff, Befestigungsmittel und Rüstung anzusetzen.

Vor- und Nachteile der Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade

Wenn die Dämmstoffstärke zu einem vergleichbaren System (z.B. Wärmedämmverbundsystem) identisch ist, ergibt sich für die Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade kein Vorteil in der Dämmleistung.

Luftdichtheitsmängel bei Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade
Luftdichtheitsmängel bei Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade

Im Gegenteil. Wegen der erforderlichen Tragkonstruktion sind damit verbundene Wärmebrücken nicht auszuschließen. Insgesamt erfordert die Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade mehr handwerklichen Aufwand und Geschick, was die Fehlerquote natürlich erhöht. Da das für ein solches System erforderliche ruhige, nachdenkliche Arbeiten nur in wenigen Fällen gegeben sein dürfte, sehe ich praktisch keine Vorteile in der Wärmedämmung mit hinterlüfteter Fassade. Dieser Standpunkt wird unterstützt durch zahlreiche bekannt gewordene Ausführungsmängel, die mittels Thermografie sichtbar gemacht werden können.

In wetterbedingt kritischen Wohnlagen bietet die Nutzung von hinterlüfteten Fassadenelementen zweifellos Vorteile. Wer möchte kann in Fassadenbekleidungen auch Sonnenkollektoren oder Fotovoltaikelemente integrieren. Eine spätere Begrünung ist möglich.

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