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Im Wohnraum Zug und unangenehme Luftbewegungen begrenzen

03.02.2020 | von: now | Kategorie: Außendämmung, Bauphysik, Behaglichkeit, Heizkörper

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Erfahren Sie, wie Frösteln und kalte Füße durch unangenehmen Zug im Raum entstehen, und wie Sie solche Luftbewegungen begrenzen können.

Im Winter kommt es in Wohnräumen vieler Wohnungen zu unangenehmen Luftbewegungen und Zugerscheinungen. Diese werden von zu großen Unterschieden zwischen der Raumlufttemperatur und den Oberflächentemperaturen der Hüllflächen verursacht. Sind im Winter die Außenwände kalt, wird kräftig eingeheizt. Mit hohen Lufttemperaturen wird versucht, einer unbehaglichen Situation entgegenzuwirken. 24 °C und mehr im Raum sind da keine Seltenheit. Trotzdem: Frösteln im Nacken, das Gefühl, es zieht. Behaglichkeit will sich nicht so recht einstellen, denn der Temperaturunterschied zwischen der Wandoberfläche und der Luft ist einfach viel zu groß.

Thermogramm einer sehr kalte Raumecke im Winter mit starker Luftbewegung
Thermogramm einer sehr kalte Raumecke im Winter mit starker Luftbewegung

Besonders wenn die Polstermöbel an einer derart kalten Außenwand stehen, ist ein Frösteln vorgezeichnet. Man hat das Gefühl, dass es zieht, obwohl Fenster und Türen geschlossen sind. Und es zieht tatsächlich.

Eine Luftbewegung wird trotz geschlossener Fenster und Türen durch die Abkühlung warmer Raumluft an kalten Außenwand- bzw. Fensterflächen hervorgerufen. Die Luft wird dadurch schwerer und sinkt nach unten. Je kälter die wand- und fensternahe Luft wird, um so größer wird ihre Sinkgeschwindigkeit. Die Luft im Raum gerät in Bewegung. Über Heizkörpern steigt erwärmte Luft wieder nach oben. Dadurch entsteht vor allem im Bodenbereich eine starke Luftbewegung, die die Behaglichkeit erheblich beeinträchtigt. Das Gefühl „Kalte Füße“ ist die Folge. Diese Empfindungen sind allerdings stark abhängig vom Geschlecht, dem Alter und der Aktivität der Menschen.

Der kühle Luftzug wird vom Körper, vor allem von den Füßen, nicht mehr toleriert, wenn bei einer Raumlufttemperatur von 20°C eine Luftgeschwindigkeit von etwa 0,15 m/sec erreicht und überschritten wird.

Heizkörper beeinflussen die Luftbewegung

Hoher Röhrenradiator an ungünstiger Stelle
Hoher Röhrenradiator an ungünstiger Stelle

Es kann besonders unbehaglich werden, wenn Heizkörper

  • an einem ungünstigen Ort, z.B. an der Innenwand, angebracht sind,
  • eine ungeeignete Bauform besitzen (zu hoch, kaum Fläche, aber viele Konvektionsbleche) und
  • infolge hoher Heizwassertemperaturen zu heiß werden.

In diesen Fällen wird die bodennahe kühle Luft zusätzlich in Bewegung gehalten. Gleichzeitig wird durch die Strömung der kühleren Luft die Oberflächentemperatur des Fußbodens abgesenkt. Aber auch wenn die bodennahe Luftströmung nicht ganz so schnell unterwegs ist oder in bestimmten Bereichen sogar zur Ruhe kommt: Über dem Boden des Raumes befindet sich eine kühle Luftschicht. Ich nenne diese Kaltluftschicht auch „Kaltluftsee“, da sich die kalte Luft wie Wasser auf den Boden verteilt und dort als mehrere Zentimeter dicke Schicht herumwabbert. Zwischen Fußboden und Decke sind dann Temperaturunterschiede bis 15 Grad messbar!

Hohe Wärmeverluste bei gestörter Behaglichkeit

Um diese ungünstigen Wohnsituationen zu kompensieren, wird oftmals einfach nur die Raumtemperatur erhöht. Wenn jedoch hohe Lufttemperaturen notwendig werden, um die durch kalte Oberflächen verursachten Behaglichkeitsstörung zu kompensieren, entstehen hohe Wärmeverluste. Die Wärmemenge, die beim Lüften oder durch Undichtheiten mit der Luft verloren geht, ist bei 25 °C Lufttemperatur etwa 20 % größer ist als bei 21 °C. Hier gibt es also einen direkten Zusammenhang zwischen einer Behaglichkeitsstörung und einem erhöhten Heizwärmebedarf.

Ein verringerter Kaltluftfall wird die Luftbewegungen begrenzen. Dies wird erreicht durch eine Verbesserung der Wärmedämmung der Außenwand, der Fenster und ggf. der Innenwand (falls sich unbeheizte Räume dahinter befinden).

Da bei Fenstern die Wärmedämmung aus technischen Gründen und Kostengesichtspunkten nicht beliebig verbessert werden kann, kann auch durch Heizungstechnik „gegengesteuert“ werden.

Heizkörper sollten neben ausreichender Strahlungswärme immer auch einen Anteil an Konvektionswärme besteuern. Sie gehören daher immer unter das Fenster bzw. in langgestreckter Form vor die gesamte Außenwand. Von dieser Regel kann nur bei sehr guter Wärmedämmung aller Hüllflächenbauteile abgewichen werden.

Welche Möglichkeiten Sie haben, um mit gezieltem Einsatz von Heiztechnik den Kaltluftfall zu kompensieren, erfahren Sie im im Abschnitt Heiztechnik gegen Kaltluftfall und Strahlungswärmeentzug.

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4 Gedanken zu „Im Wohnraum Zug und unangenehme Luftbewegungen begrenzen“

  1. Guten Tag,

    unser EFH wurde im Jahr 2016 fertiggestellt. Monolithische Bauweise, Poroton 36,5 cm T8 ohne Füllung (U-Wert: 0.21). Fenster sind dreifachverglast (UW-Wert Fenster und Rahmen: 1.06), insgesamt damals KfW 70 Standard. Unser Sofa steht teilweise direkt unter den Fenstern und im Winter hat man das Gefühl, dass es zieht. Die Fenster machen aber einen dichten Eindruck. Die Innenfensterbank aus Marmor fühlt sich allerdings sehr kalt an was, soweit ich gehört habe, material bedingt normal ist. Kann es aufgrund der Festenerbank zu der von Ihnen beschriebenen Luftbewegung kommen und was könnte man dagegen unternehmen? Die Fenster dürften bei einem Neubau aus 2016 ja eigentlich keine so große Schwachstelle mehr sein.

    Vielen Dank!

    A. Hofmann

    Antworten
    • Im Verhältnis zu den Wänden stellen die Fenster schon eine Schwachstelle dar. Die innere Oberflächentemperatur der Scheiben dürfte bei niedrigen Außentemperaturen um drei, vier Grad niedriger ausfallen als bei den Wänden. In der Folge kühlt sich die Raumluft besonders an den Scheibenoberflächen ab, was zu einer unangenehm temperierten und fallenden Luft führt. Das ist auch einer der Gründe, warum die Innenfensterbänke aus Marmor so kalt werden. Eine zweite Ursache ist die Wärmebrücke, die sich bei monolithischen Mauerwerk unterhalb des Fensterrahmens ergibt. Die Marmorfensterbank liegt im Mörtelbett auf einem in Richtung Fensterrahmen immer kälter werdenden Mauerwerk. Die kalte Fensterbank stellt zudem eine „negative Wärmestrahlungsquelle“ dar, d.h. der menschliche Körper strahlt ab in Richtung der kälteren umgebenden Flächen, was als unbehaglich empfunden wird. Abhilfe schaffen könnte eine Fensterbank aus Holz, möglichst aufgelegt auf einen zwei, drei Zentimeter starken Dämmstoff, z.B. Styrodur (XPS).
      Besonders bei Fußbodenheizungen führt die von Ihnen geschilderte Situation wegen der vor den Glasflächen fehlenden aufwärts steigenden Luft zu unbehaglich niedrigen Temperaturen und einer sich einstellenden Fallluftströmung (es zieht, weil sich die Luft in Richtung Sofa nach unten fällt). Abhilfe schaffen könnte ein zusätzlicher Heizkörper, der unmittelbar unter dem betreffenden Fenster angebracht wird.

  2. Guten Tag,
    wir bewohnen eine ETW in einer Wohnanlage von 1976. (2.oberste Etage)
    Die alten Holzfenster waren nicht mehr dicht und wurden vor 4 Jahren durch neue Kunststofffenster ersetzt. Es handelt sich um Fenster der neuesten Bestimmungen. (3-fach Verglasung)
    Trotzdem haben wir es mit einer unangenehmen Fußkälte zu tun.
    In der vergangenen Zeit ist sehr viel unternommen worden um das Problem zu lösen.
    Z.B. Mehrere Nachbesserungen der Fensterfirma
    Blower Door Test
    Energieberatung durch die Verbraucherzentrale.
    Was raten Sie uns?

    Freundliche Grüße
    Bernd Jöckel

    Antworten
    • Hallo Herr Jöckel, alle Bauteile einer ETW von 1976 hatten zu Entstehungszeitpunkt schwache Dämmwerte. Die erste Wärmeschutzverordnung trat erstmals am 1. November 1977 als Folge des 1976 vom Bundestag beschlossenen Energieeinsparungsgesetzes (EnEG) in Kraft. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass auch die Außenwände, ggf. auch die Geschossdecke (Fußboden selbst, hängt von der durchschnittlichen Temperatur des unterhalb ihre Wohnung gelegenen Wohnraumes ab) und verschiedene Wärmebrücken (Stirnseiten der Geschossdecken, auskragende Bauteile, Balkonplatten) als Verursacher des Fußkälte-Problems auszumachen sind. Ich rate Ihnen ein Infrarotthermometer zu beschaffen (Kosten um 30 €) und mit diesem Messinstrument die Höhe der Oberflächentemperaturen und deren Verteilung im Raum zu kartieren (Etwa alle 50 cm messen, in ein Foto eintragen). Aus der Temperaturverteilung lassen sich Schlussfolgerungen ableiten, welche Bauteile überwiegend das Fußkälteproblem verursachen. Wenn keine Außenwandwärmedämmung von außen möglich ist, sollten Sie sich mit einer Innendämmung beschäftigen. Wahrscheinlich sind es auch der/die Heizkörper (hohe Heizwassertemperatur, hohe Konvektionsleistung), die durch eine hohe Luftgeschwindigkeit am Fußboden das Problem verursachen (mit dem Infrarotthermometer messen, auf lackierte Oberflächen halten, 50 cm Abstand). Hier hilft es nur flächenmäßig größere Heizkörper einzubauen und die Heizwassertemperatur in der gesamten ETW zu reduzieren (und hydraulischen Abgleich durchführen lassen). Interpretationshilfe zu ihren Messwerten leistet auch die sogenannte Vor-Ort-Beratung der Verbraucherzentrale, sofern in dieser Sache kompetent.

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