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Innendämmung Fachwerk

07.02.2020 | von: now | Kategorie: Innendämmung, Wände

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Auch Fachwerkgebäude können, ohne Schäden zu verursachen, bei Beachtung einiger Regeln von innen gedämmt werden (Innendämmung Fachwerk).

Diese in der täglichen Baupraxis zweifellos kontrovers beurteilte Aussage wird durch neuere Untersuchungen, z.B. des Fraunhofer-Institutes, gestützt. Allerdings muss bei der Ausführung – anders als in der Vergangenheit – vor allem die Herstellung der Luftdichtheit der gesamten Konstruktion im Vordergrund stehen. Eine weitere wichtige Voraussetzung für die Bauschadensfreiheit bleibt dabei die Sicherheit gegen Durchfeuchtungen von außen (Schlagregensicherheit) und gegen aufsteigende Nässe!

Schadensfreie Innendämmung Fachwerk – Ausführungshinweise

Innen gedämmtes Fachwerk (oben)
Innen gedämmtes Fachwerk (oben)

In Fachwerkbauten entsprechen die traditionell verwendeten Ausfachungsmaterialien, wie Lehm oder Vollziegel, nicht mehr den heutigen Anforderungen an Heizwärmeverbrauch und Behaglichkeit. Die Aufgabe besteht also meist darin, eine Wärmedämmung vorzusehen, ohne in das äußere Erscheinungsbild der Gebäude einzugreifen. Als einzig mögliche Maßnahme bleibt dabei die Anbringung einer Wärmedämmung auf der Innenseite der Außenwand.

Innendämmungen beeinflussen jedoch die Temperatur- und Feuchteverhältnisse im Wandquerschnitt erheblich. Aufbau und Ausführung der Innendämmung müssen daher so gewählt werden, dass eine bauwerkzerstörende Feuchteanreicherung im Wandquerschnitt (Hölzer) auch auf lange Sicht hin nicht erfolgt. Voraussetzung hierbei ist, dass das dominierende Zerstörungspotential durch Schlagregenbefeuchtung von außen und selbstverständlich auch aufsteigende Feuchte von unten weitgehend ausgeschlossen ist.

Schlagregenbelastung und Entfeuchtung ohne Innendämmung
Schlagregenbelastung und Entfeuchtung ohne Innendämmung

Ohne Innendämmung: Fachwerk kann sich eine Fachwerkkonstruktion nach einer Schlagregenbelastung durch Feuchtetransport sowohl nach außen als auch nach innen entfeuchten, sofern keine sperrenden Beschichtungen (Öl- und Kunstharzfarben, PE-Folien u.ä.) dies verhindern. Durch eine Innendämmung wird jedoch die Verdunstungsgeschwindigkeit nach draußen infolge der geringeren Wandtemperatur reduziert.

Schlagregenbelastung und Entfeuchtung bei einer Innendämmung mit Dampfsperre
Schlagregenbelastung und Entfeuchtung bei einer Innendämmung mit Dampfsperre

Mit Innendämmung: Der Feuchtetransport nach innen wird ggf. durch den Dämmstoff gebremst. So wird die Austrocknung nach einer Schlagregendurchfeuchtung verlangsamt oder kommt ganz zum Erliegen.

Eine innen angebrachte dampfsperrende Schicht (z.B. PE-Folie, Alu-Folie) versperrt den Trocknungsweg nach innen vollständig bzw. verlangsamt ihn bei angebrachten Dampfbremsen mit sehr hohem sd-Wert. Dies kann zu länger anhaltender Durchfeuchtung der Wand führen und muss unbedingt vermieden werden.

Eine Innendämmung von Fachwerkwänden mit Beanspruchung durch Schlagregen muss daher immer auch eine Trocknungsmöglichkeit zum Raum hin aufweisen.

Daraus folgt, dass der Wasserdampfdiffusionswiderstand der raumseitigen Dämmschicht inklusive Dampfbremse für die Trocknungsmöglichkeit nach innen zu minimieren ist. Gleichzeitig darf die dampfbremsende Wirkung des Dämmstoffes einschließlich der luftdichtenden Dampfbremse nicht zu klein sein, um das übermäßige Eindringen von Wasserdampfmolekülen in die Innendämmung Fachwerk (Tauwasserbildung) zu verhindern.

Verschiedene neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass bei einer Innendämmung von  Fachwerk der sd -Wert der raumseitigen Konstruktion 2m nicht überschreiten sollte. Das schließt das früher übliche Anbringen einer raumseitigen Dampfsperre grundsätzlich aus. Der minimal einzuhaltende sd-Wert der innenliegenden Dämmung einschließlich einer zusätzlichen dampfbremsenden Schicht liegt dagegen bei 0,5 m. Damit wird im Winter bei normalen Luftfeuchtebedingungen (20°C, 50% rel.F.) im Innenraum der Dampfdiffusionsstrom ausreichend begrenzt.

Empfohlener Wärmedurchlasswiderstand, Abbildungen: Prof. Dr.-Ing. Klaus Sedlbauer, Dr.-Ing. Martin Krus, Fraunhofer-Institut für Bauphysik
Empfohlener Wärmedurchlasswiderstand, Abbildungen: Prof. Dr.-Ing. Klaus Sedlbauer, Dr.-Ing. Martin Krus, Fraunhofer-Institut für Bauphysik

Der sd-Wert der Konstruktion muss höher ausfallen, wenn

  • der Wärmedurchlasswiderstand der Wand höher ausfällt (durch stärkere Dämmschichten) und/oder
  • die Luftfeuchtigkeitswerte im Innenraum tendenziell höher ausfallen (Bäder).

Die Abbildung zeigt den für Fachwerkwände empfohlenen Bereich des Wärmedurchlasswiderstandes der Innendämmung (Der Wärmedurchlasswiderstand ist der Kehrwert des Wärmedurchgangswiderstandes, also der 1/U-Wert)

Empfehlenswert: Innendämmung von Fachwerk mit feuchteadaptiver Dampfbremse

Eine optimale Lösung stellen wärmegedämmte Konstruktionen mit feuchteadaptiver Dampfbremse dar. Geeignete feuchteadaptive Dampfbremsen weisen im Sommer einen geringen sd-Wert um 0,5 m auf, im Winter dagegen erhöht sich der sd-Wert auf etwa 5 m. Die Konstruktion verhält sich damit auch bei üblicher Schlagregenbeanspruchung unproblematisch und weist insgesamt eine höhere Fehlertoleranz auf.

Folgende generelle Überlegungen sollten eine energetische Sanierung von Fachwerkkonstruktionen begleiten:

  • Beidseitig fachwerksichtige Wände sind selbst bei guter Wärmedämmung der Ausfachung nicht ausreichend abdichtbar (mangelhafte Luftdichtheit). Mindestens die Innenseite sollte demnach eine luftdichtende Schicht besitzen, z.B. eine Wärmedämmung mit Putz, besser noch eine sorgfältig ausgeführte Luftdichtheitsebene.
  • Die Außenwände sollten im Sinne eines Mindestwärmeschutzes einen Wärmedurchgangswiderstand von etwa 1,0 W/m²K aufweisen. Dieser Wert wird bei unsanierten Fachwerkkonstruktionen (12 bis 14 cm Wandstärke) mit einer Schichtdicke des innen angebrachten Dämmstoffes von 4 cm sicher erreicht. Eine weitere Erhöhung der Dämmstoffstärke ist nur anzuraten, wenn die Ausfachung selbst bereits wärmedämmende Eigenschaften besitzt (Leichtlehm, leichte Hochlochziegel, Porenbetonsteine) und wenn kapillaraktive Dämmstoffe für die Innendämmung angewendet werden (Zellulosedämmstoff, Holzfaser-Dämmplatten, Leichtlehm, Kalziumsilikat-Platten).
  • Vor allem beim Einsatz von nicht kapillaren Faserdämmstoffen (Mineralwolle) ist die Anwendung einer feuchteadaptiven Dampfbremse mit variablem sd-Wert vorteilhaft.
  • Innendämmungen aller Art sind luftdicht, ohne Hinterströmungsmöglichkeit der Raumluft anzubringen. Luftkonvektion (warme Raumluft) hinter der bzw. durch die Dämmschicht führt zu erheblichen Feuchteschäden sowie unnötig hohen Lüftungswärmeverlusten. Durchströmbare Hohlräume im Bereich der Dämmung sind zu vermeiden.
  • Weiche, anschmiegsame Dämmstoffe (z.B. Holzweichfaserdämmstoffe) lassen sich an eine in Fachwerkbauten häufig unebene Innenseite der Wand hohlraumfreier anbringen als biegesteife Materialien. Besonders gut eignen sich ein- bzw. anblasfähige Dämmstoffe (Zellulose, Holzfasern).
  • Vom Freilegen einer verputzten oder verschalten Fachwerkfassade rate ich ab, insbesondere dann, wenn die Schlagregenbeanspruchung hoch ist (z.B. auf der Westseite oder wenn kein ausreichender Dachüberstand zur Verfügung steht).
  • Anstriche auf dem Holz und der Ausfachung sollten gut dampfdurchlässig (diffusionsoffen) sein.
  • Wärmedämmende und diffusionsoffene Materialien der Ausfachung (Leichtlehm, leichte Hochlochziegel, Porenbeton usw.) sind schweren, dichten Ausfachungsmaterialien (Klinker, dichte Natursteine) vorzuziehen.
  • Raumseitig aufgezogene Putze ausreichender Schichtdicke sind in der Regel luftdichter als Trockenbaukonstruktionen mit aufgeklebten oder geständerten Gipskartonkonstruktionen.
  • Bei Trockenbaukonstruktionen wird das Aufbringen einer Luftdichtheitsebene (Dampfbremse luftdicht verklebt) empfohlen, bevor die Gipskartonplatten angebracht werden.
  • Der Feuchteeintrag beim Ausfachen oder durch raumseitige Putze sollte so gering sein, dass die Baufeuchte innerhalb von sechs Monaten austrocknet.
  • Die Balkenköpfe in der Außenwand verlangen besondere Beachtung (siehe dazu Innendämmung bei Holzbalkendecke). Ausreichender Tauwasserschutz ist bei einer Innendämmung rechnerisch meist nicht gegeben, weshalb sie unter Beobachtung zu stellen ist (Kontrollöffnung, Feuchtefühler).
  • Eine Luftdichtheitsuntersuchung (blower-door) ist ratsam.
  • Bei der Sanierung oder Neuerrichtung von wärmegedämmten Fachwerkkonstruktionen sollte eine einfach Lüftungsanlage (mehr dazu in Lüftungsanlage ohne Wärmerückgewinnung) vorgesehen werden. 

Fehler vermeiden – Luftdichtheit herstellen

Sichtfachwerk (innen) mit untauglichen Dichtungsmethoden
Sichtfachwerk (innen) mit untauglichen Dichtungsmethoden

Eine Durchströmung der Fachwerkwand von innen nach außen (warm-kalt) ist unter allen Umständen zu vermeiden. Das gilt für ungedämmte wie für gedämmte Konstruktionen gleichermaßen. Versuche, die Leckagen zwischen Ausfachung und Holzständerwerk mit Acryl, Silikon, PU-Schaum o.ä. zu „stopfen“, müssen scheitern. Auch eine Schalung  vor der Dämmung (links im Bild) benötigt eine Luftdichtheitsebene unmittelbar vor dem Dämmstoff, da die Paneele nicht luftdicht (herausfallende Äste, Ränder, Verwerfungen etc.) sind. Das Aufsetzen von Deckleisten ist keine ausreichend wirksame Maßnahme gegen den Luftdurchtritt.

Konstruktionsdetail für Innendämmung Fachwerk mit Holzfaserdämmplatte und Lehmputz

Luftdichte Innendämmung einer Fachwerkwand mit Holzfaserdämmplatte und Lehmputz
Luftdichte Innendämmung einer Fachwerkwand mit Holzfaserdämmplatte und Lehmputz

Zum Ausgleich des Ziegeluntergrundes wird ein Lehmputz aufgetragen. Nach dem Trocken wird eine 4 bis 8 cm starke Holzfaserdämmplatte mit Thermodübeln montiert. Ein Lehmputz, armiert, bildet die abschließende Beschichtung. Bei ebenem Untergrund kann die Holzfaserdämmplatte direkt geklebt und gedübelt werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

Konstruktionsdetail für eine Innendämmung Fachwerk mit Zellulosedämmstoff

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Abb.: ISOFLOC
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