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Mangelhafte Behaglichkeit: Schwachpunkt Verglasungen

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Alles zum Schwachpunkt Verglasungen und sein Einfluss auf die empfundene Behaglichkeit sowie Hinweise dazu, wie Störungen vermieden werden.

Das Problem: Im Winter kann es vor allem in der Nähe von Verglasungen ungemütlich werden. Ursache ist hier die sehr niedrige Temperatur der Glasoberflächen, die dann noch deutlich unter der der Außenwände liegt. Dies trifft vor allem für ältere Gebäude mit schwacher Wärmedämmung der Fenster und ähnlichen Flächen, wie z.B. den Glasbausteinwänden, zu. Ungemütlich wird es, weil eine örtlich begrenzte Abkühlung der Haut, z. B. der Nackenpartie, des Halses, der Arme und Beine usw., spürbar wird. Die kühle Glasoberfläche wird in diesen Fällen von den deutlich wärmeren Körperteilen des Menschen angestrahlt. Es kommt zum Strahlungswärmeentzug. Zusätzlich verursacht der Kaltluftfall vor den kalten Glasflächen Zugerscheinungen. Dieser Fallluftstrom ist besonders heftig bei hohen und energetisch schwachen Glaselementen.

Ältere Zweischeibenverglasung und durchgeschobene Steinfensterbank
Ältere Zweischeibenverglasung und durchgeschobene Steinfensterbank
Fenster bzw. Verglasungen im Allgemeinen stellen also wegen ihrer konstruktiv bedingten Schwächen ein besonderes Problem für die Planung einer behaglichen Wärmeumgebung dar. Das ist auch bei der Planung eines neuen Hauses mit modernen Dreifach-Verglasungen, wenn auch in abgeschwächter Form der Fall. Um diese Behagloichkeitsstörung zu vermeiden, steht daher die Auswahl von Verglasungen im Vordergrund, die hohe Oberflächentemperaturen an der Innenseite ermöglichen. Anders ausgedrückt: Die Auswahl muss auf Verglasungen mit einem sehr niedrigen U-Wert fallen. Dem Strahlungswärmenentzug und dem Kaltluftfall infolge kühler Glasoberflächen kann allerdings auch durch gestalterische und heizungstechnische Maßnahmen entgegengewirkt werden. So lässt sich durch die Anordnung von entsprechend dimensionierten Heizkörpern vor den Fenstern der Kaltluftfall kompensieren. Diese Kompensationen haben jedoch keine energiesparende Wirkung.

Verglasungen: Dreifach, U-Wert unter 0,7

Doch wie gesagt, selbst bei einem Neubau nach der aktuellen Energieeinsparverordnung bilden Verglasungen aller Art die energetisch schwächsten Elemente.

Verglasungen dreifach, mit warmer Kante
Verglasungen dreifach, mit warmer Kante

Dabei sei von einer optimalen Ausführung der Bodenplatte, Keller- und Außenwände, Decken und ausgebauten Dachgeschosse ausgegangen. Zwar weist heute eine zum Standard gehörende Dreifachverglasung schon einen relativ niedrigen Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) auf. Und inzwischen gängige Werte um 0,9 W/m2K für das gesamte Fensterelement entsprechen auch nur noch etwa einem Drittel der Werte erster Isolierverglasungen oder Verbundfenster vergangener Jahre. Gegenüber modernen, gut gedämmten Außenwänden und Decken ist der Wärmedurchgang jedoch immer noch doppelt bis dreifach so hoch. Die Folge ist eine im Winter deutlich abgesenkte Temperatur an der inneren Scheibenoberfläche gegenüber den anderen Bauteilen.

verglasung_u_werteWerden die Fenster in einem Altgebäude mit schwacher Wandwärmedämmung gegen moderne, dreifachverglaste Konstruktionen ersetzt, kann eine merkwürdige Situation entstehen. Die Fenster haben in einem solchen Fall dann oftmals sogar bessere U-Werte als die Wand, was das Behaglichkeitsproblem abgeschwächt in andere Bereiche des Raumes „verschiebt“. Außenwandabschnitte, die bisher als wärmer empfunden wurden, werden nun als kalt wahrgenommen.

Ein Beispiel

Eine ältere, 36 cm starke Ziegelwand hat je nach den verwendeten Ziegelsteinen nur einen U-Wert von 1,4 bis 1,6 W/m2K. Werden hier moderne Fenster mit Wärmeschutzverglasung und einem U-Wert um 1 eingesetzt, besitzt das Fenster keineswegs mehr die kälteste Oberfläche im Raum. Die Verglasung beschlägt dann u.U. nicht mehr, wenn die Raumluftfeuchtigkeit zu hoch wird. Sie steigt unmittelbar über den kalten Wandflächen eventuell so stark an, dass es schimmeln kann. In gar nicht so seltenen Fällen wird überschüssige Feuchtigkeit nun sogar auf der Wandoberfläche kondensieren und die Wand durchfeuchten.

In den Technischen Mindestanforderungen der KFW-Förderbank heißt es denn auch folgerichtig: „Bedingung für die Förderung von Fenstern und Fenstertüren ist, dass der U-Wert der Außenwand und/oder des Daches kleiner ist als der Uw -Wert der neu eingebauten Fenster und Fenstertüren. Diese Mindestanforderung darf gleichwertig erfüllt werden, indem durch weitere Maßnahmen Kondenswasserbildung und Feuchteschäden ausgeschlossen werden.“

Mit „weiteren Maßnahmen“ sind entweder Lösungen zur Begrenzung der Raumluftfeuchtigkeit  (Lüftungsanlage) oder zur Verbesserung der Oberflächentemperatur (Wärmedämmung) gemeint.

Fallluft vor Verglasungen vermeiden

Um kritische Fallluftgeschwindigkeiten vor Verglasungen zu vermeiden, darf der U-Wert des Fensters einen bestimmten Wert nicht überschreiten. Dieser Wert ist abhängig von der Fensterhöhe. Die folgende Tabelle zeigt die Bedingungen (Quelle: Passivhausinstitut):

Fensterhöhe 1,2 m 1,8 m 3 m
maximaler U-Wert des Fensters, um eine Fallluftgeschwindigkeit größer 0,2 m/sec zu vermeiden (in W/m2K kleiner als 1 kleiner 0,7 kleiner 0,5

Die Vorgänge des Kaltluftfalles und des Strahlungswärmeentzuges sind natürlich auch an den Außenwänden des ungedämmten Altbaus zu beobachten.

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